Sonntag, 23. Januar 2011

Ein Prosit auf Puerto Varas (mit irrem Video!)




Endlich. Bin wieder stolzer Besitzer eines Weißbierglas. Mir als Ur-Münchner hat der Abschied von meinen drei Weißbier-Kelchen in meiner Münchner Küche ja schon ein bisschen zu schaffen gemacht. Aber dank Prositfest in Puerto Varas fühle ich mich jetzt wieder ein bisschen kompletter - überhaupt hat das Prositfest den Tag richtig rund gemacht. Und das kam so… 

Frühmorgens hat´s Doreen und mich nämlich so gar nicht aus dem Bett getrieben. Erst so gegen halb elf - als es für jede andere Entscheidung sowieso zu spät gewesen wäre - haben Doreen und ich beschlossen, dass wir auf das hosteleigene Frühstück - sprich: zwei toastähnliche Weißmehl-Brötchen, zwei Scheiben selbstgebackenes Vollkornbrot, aber leider viel zu wenig Butter, Käse und Marmeleda um das alles zu belegen - pfeifen und dass wir außerorts den Tag einläuten wollen. Gewieft wie Frauen sind, hat Doreen natürlich einen Plan. Sie möchte nach Frutillar fahren. Deshalb waren wir ja überhaupt in diese Gegend gekommen, eigentlich mal. Denn Doreen, wie jeder weiß, steht auf romantischen Landhaus-Stil. Und laut Lonely Planet verdankt Frutillar" seinen Zauber dem Erbe der deutschen Einwanderer im 19. Jahrhundert, deren Kultur sich hier erhalten hat". Sprich: Holz, Gehäkeltes, Spitzendeckchen, sowas würde in Frutillar hoch geschätzt. Und es gäbe Kuchen nach deutschem Rezept.

Also wir raus aus dem Bett, runter in die Stadt, rein in den Bus und die 25 Kilometer von Puerto Varas nach Frutillar überwunden. Nachricht an Paps: Per Fahrrad wäre auch gegangen, es gibt Leihräder hier im Hostel, und der Weg soll recht nett sein. Aber wir sind fauler. Nach rund 30 Minuten Bus-Schaukelei ist  Frutilla erreicht, genauer gesagt der Außenbezirk namens Alto, da wo die hiesigen Chilenen leben. Unsere Hotelwirtin hat uns gewarnt, hier sollten wir nicht aussteigen, weil hässlich. Wir sollten weiter fahren, bis Frutillar Bajo. Weil wegen Uferpromenade, Theaterbühne im See, viele Cafés, sprich hübsch. Als wir aus dem Bus aussteigen, drängt sich erstmal ein Grinsen auf. Wir stehen direkt vor dem "Hotel Kaffee Bauernhaus", spazieren am "Kuchenladen" vorbei, widerstehen im Supermarkt nur knapp dem Kauf einer Packung Kekse namens "Gretel". Was wir aber nicht finden: ein wirklich hübsches Café mit Frühstück und romantischem Kolonialflair. Nach zwei Stunden Suche, leerem Magen und schlechter Laune trösten wir uns mit Cola, Nektarine, Schokoriegel aus dem Supermarkt, und einem recht leckerem Omelette in einem Standard-Lokal.

EIn bisschen abseits wird´s aber interessanter. Hier haben die Ahnen der deutschen Gründerväter - mit Hilfe der deutschen Regierung, wie zwei kleine Gedächtnis-Schildchen verraten - eine Art Freilicht- bzw. Bauern-Museum eingerichtet. Da laden einige wiederaufgebaute bzw. restaurierte Häuser der deutschen Kolonisten zum Besuch ein; innendrin hat´s alte Lanz-Traktoren, Landmaschinen, Feueröfen und dergleichen. Auf Schautafeln wird das Leben und Erleben der Kolonisten auf spanisch, englisch und deutsch geschildert. Und zwar so lebhaft und anschaulich, dass wir wirklich gebannt sind. Kaum vorstellbar, wie einige mutige Menschen vor grad mal 150 Jahren ihr bisschen Hab und Gut irgendwo an der Nordseeküste auf ein Schiff geladen, es auf einer fünfmonatigen Reise hierher nach Südamerika geschafft; sich hier dann durch den dichten Dschungel geschlagen; und schließlich rund um den See Lago Llanquihue eine neue Heimat geschaffen haben.  Auszüge aus original Briefen von damals verstärken aufwallende Gefühle wirkungsvoll. Da lesen wir  zum Beispiel vom Aufbruch 13 mutiger Männer , die eine Schneise durch den Regenwald, von Puerto Montt zum See schlagen sollen - und wie zwei der Männer auf dem Weg verschwinden und nie wieder gesehen wurden. 

Viele Nachfahren der Kolonisten sind heute noch hier,  sind Großgrundbesitzer rund um den See, wie wir erfahren. Das deutsche Erbe zeigt sich heute vor allem in Familiennamen. Ein Chilene erzählt uns beim Einkauf nebenbei, dass seine Ahnen aus Deutschland gekommen seien, dass die deutsche Sprache in seiner Familie aber mit seinem Großvater verloren gegangen sei. Das gilt für die meisten hier. Todo hables espanol, spanish spoken, spanisch dominiert. Nur die allgegenwärtigen Kuchen hier, die sind so deutsch wie irgendwas. Doreen beendet den Ausflug mit einem "Kuchen con framboesa", sprich Himbeerkuchen, ich mit einem Stück Schwarzwälder Kirsch. 

Als wir abends nach Puerto Varas zurückkommen, lässt uns Deutsch-Chile immer noch nicht los. Mitten im Ortskern ist nämlich das eingangs erwähnte "Prositfest" in vollem Gange. Es besteht hauptsächlich aus einem Zelt voller deutscher Flaggen und etlichen Bierschänken. Es gibt Hamburger, Sauerkraut und Wurstel. Was wir in Deutschland eben so essen, gell. Die  Blaskapelle spielt auf:  Zünftige Volksmusik, fast originalgetreu, aber schneller. Käme auch gut auf der Wiesn. Es gibt hier einen Stand mit Erdinger Weißbier. Komm ich nicht drumrum. Aber warum wollen mir die zwei chilenischen Schankkellner das im Plasikbecherl geben? Irgendwie biege ich ihnen bei, dass das aus den paar Weißbiergläsern, die sie irgendwo unter der Theke stehen haben, viel besser schmeckt. Und kriege mein Dunkles Erdinger im  Glas, hier in Puerto Varas, Chile. Bin glücklich. (klick doch mal, wenn du Zeit und eine schnelle DSL-Leitung hast  ;-)

Selige  Grüße, 
Richard 
In Frutillar steht ein wundervolles Holzhaus, und das heißt "Hotel Kaffee Bauernhaus". Und so siehts von innen aus... 

In Frutillar wird Kleingarten-Idylle noch ernst genommen. Und ja, es gibt auch Gartenzwerge. 

In Frutillar kommen einem seltsame Gedanken, wie zum Beispiel: deutsche Kolonisten haben vor 150 Jahren all ihr Sack und Pack verladen und sich auf eine Reise ohne Wiederkehr begeben. Sollte ich das auch tun... und vielleicht zum Mars fliegen? 

Kekse wie aus Alemana, gibts hier überall zu kaufen.

Das Museo Colonial Aleman von Frutillar zeigt, wie´s bei den alten Kolonisten so zugegangen ist.  Im Hintergrund: das Herrenhaus. Im Vordergrund: der einzige Deutsche im Museo. 

Sogar die Blumen im Museo kennst aus Deutschland.

Frutillar liegt am Lago Llanquihue, deshalb macht ein Steg hier soviel Sinn. 

Nochmal Frutillar, mit Kirche. Anders als in Bayern üblich, hier am Ortsrand gelegen. 

Das Museo Colonial kann sich über eine schlechte Lage nicht beschweren.

Die Ausstattung der restaurierten Häuser: macht einen originalen Eindruck. Sehr hübsch, unbedingt besuchenswert!

Abschied von Frutillar: mit einem Stück Schwarzwälder Kirsch.

"Prositfest" in Puerto Varas. Greetings  to Dene and Doug from San Francisco: Erdinger Weißbier tastes much butter when drunk from a real Weißbier-Glass. Look forward to invite you  should you ever visit munich. Meet you soon!






2 Kommentare:

  1. Ihr zwei seid super und das Video ist ja mal genial! Super, Euch "in Action" zu sehen. :-)

    Doreen, Du schaust richtig toll aus!!! <3

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  2. Hi Sabinchen!

    Schön, dass Du schreibst und auch noch solche Schmeicheleien. Ich persönlich finde mich ja nicht so doll, aber das ist ja meist bei einem selber so ;o)

    Wie geht´s Dir?

    LG
    Doreen

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