Endlich unterwegs. Die letzten Tage waren nochmal richtig schön hektisch, Doreens Wohnung wollte zwecks Rückgabe an den Vermieter komplett geleert, geweißelt und geputzt sein; meine eigene Bude - die ich für die Dauer des Jahres möbliert untervermiete - irgendwie auch. Der Unterschied ist, dass wir die Möbel nicht wegschaffen müssen; dafür wollen aber alle in der Wohnung verbleibenden Objekte so sorgfältig geputzt sein, wie ich das aus meinem bisherigen Leben noch nie tun musste. Ich kenne jetzt Ecken in meiner Küche, die mir bislang völlig verborgen geblieben waren. Oh ja, es gab viel zu putzen; überdenken; organisieren; besprechen; außerdem haben wir uns Zeit freigehalten, damit wir uns von vielen lieben Menschen verabschieden können. Obwohl ich behaupten möchte, dass wir beide nicht völlig verspult sind und zumindest Ansätze von strukturierter Denke und organisatorischer Fertigkeit in uns tragen, wurde am Ende alles extrem hektisch. Trotz mehrmonatiger Vorbereitungszeit. Merke: Grundsätzlich dauert alles immer doppelt so lang, wie man sich´s vorher ausmalt. Gestern, das Abplanen meines geliebten grünen Ford zum Beispiel. Hatte mit 15 Minuten gerechnet, gedauert hat´s eher eine Stunde und ein paar Zerquetschte, bis Batterie abgeklemmt; Seitenspiegel untergebracht, und der Heckflügel in die Plane eingezwängt waren. Klar, dass dann am Ende sowas bei rauskommt: Mein bester Freund, der uns dankenswerterweise heute zum Flughafen chauffiert hat, musste am Ende noch ein halbe Stunde über die vereinbarte Zeit hinaus warten: Dokumente wollten im Internet-Café ausgedruckt; der Geschirrspüler ein letztes Mal ausgeräumt; ein paar versprengte Wäschestücke irgendwo im Keller untergebracht sein.
Egal jetzt. Es ist 20:26 Uhr. Wir haben uns von Mony, Ulrike, meinem Dad und Alex verabschiedet - schön dass ihr am Flughafen wart, dass hat mir Sicherheit gegeben. Doreen und ich, wir befinden uns jetzt an Bord eines Iberia-Airbus A320 nach Madrid. Von dort geht´s um 0:10 Uhr weiter nach Santiago de Chile, unser eigentliches Ziel Numero Uno. Wir haben grad über unsere Gefühle gesprochen. Doreen meint, sie sei nicht nervös, aber sie fühlt sich ein bisschen so, als habe sie keinen Boden unter den Füßen. Ich glaube ich kann sie verstehen. Ich fühle mich unsicher. Ist das erste Mal seitdem ich denken kann, dass ich ohne Schlüssel das Haus verlasse. Schlüssel sind für mich das Symbol dafür, dass ich ein Zuhause habe, in das ich jederzeit zurückkehren kann. Doreen hat nun aber keine Wohnung mehr, meine steht uns ebenfalls für ein Jahr nicht zur Verfügung. Wir haben keine Schlüssel mehr, die uns irgendwo sicheren Einlass gewähren. Und jetzt sitzen wir also in diesem Airbus, Reihe 21 Platz A und B nebeneinander. Doreen schaut mir in die Augen und sagt "Du bist jetzt mein Zuhause". Hat ein Mann schonmal was Schöneres gesagt bekommen? Vielleicht werde ich meine Schlüssel bald nicht mehr vermissen…
Hasta la proxima,
Richard
Richard
Abschieds-Szenen: Mony und mein Dad sind offensichtlich in Tränen aufgelöst, weil sie uns ein Jahr nicht mehr sehen ;-) |
Hoch über den Anden, nur noch 30 Flugminuten von Santiago entfernt... |
Hier ein Foto, dass ich mal eben von der Heckflosse unseres Airbus A3schießmichtot-600 aus gemacht habe. Bitte nicht nachmachen, es zieht da oben! |
Meine Süße voller Vorfreude. Das war allerdings vor dem Start, als sie noch dachte, sie kriegt den riesen Diamantklunker aus dem Iberia-Shoppingmagazin geschenkt... |
Hallo Ihr beiden Süßen,
AntwortenLöschenes ist so schön, so schnell schon von Euch zu lesen und zu wissen, dass es Euch gut geht!
Ich bin ehrlich gesagt ganz "froh", Euch doch nicht zum Flughafen gefahren zu haben, denn ich hätte wahrscheinlich auch geheult wie ein Schloßhund. Zumindest hatte ich bei diesem Eintrag schon einige Tränen in den Augen. Deshalb wollte ich auch nur kurz loswerden, dass Ihr auch ohne einen Schlüssel immer ein zu Hause haben werdet! Ihr habt viele Freunde, die Euch vermissen und bei denen (zumindest bei uns) immer ein Schlafplätzchen zu finden ist ;-)
LG Dunja
Hi Du,
AntwortenLöschenmei das ist aber ein lieber Kommentar. So viele, die Tränen in den Augen hatten...hat er aber auch hübsch geschrieben ;o)
Komischerweise war mir gar nicht so sehr nach Heulen zu Mute beim Abschied. Noch immer komme ich mir wie im Urlaub vor. Als wenn ich bald wieder "heim" fahre. Ein seltsames Gefühl.
Danke für das Schlafplätzchen :o) Womöglich trifft es Euch in 1 Jahr für 1 oder 2 Nächte ;o)
GLG ins nachmittägliche Deutschland! Bei uns ist es grad Mittag.
Doreen