Sonntag, 30. Januar 2011

Der kleine Pinguin

Gestern habe ich ihn endlich gesehen: meinen allerersten kuschlig-weichen Baby-Pinguin. Und so sieht er aus: 




Ca. 30 cm groß, 5000 g schwer und sein Name: Doreens erster Baby-Pinguin

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Wir haben es gewagt und sind mit einem alten, schäbigen, gemieteten Opel (hier: Chevrolet) Corsa raus gefahren. Raus aus dem hässlichen Puerto Madryn und noch tiefer rein in die Wüste. 

Unser "Schätzchen" mitten im Nirgendwo


Zuerst nach Puerto Piramides, einem kleinen Dörfchen mitten im Nichts, allerdings mit Meerzugang und Sanddünen zum Sand-Boarden. Dort findet man fast nur Touristen und für sie geschaffene Unterkünfte, Restaurants und so weiter. Der entscheidendste Grund aber warum die Touris hier her kommen ist das nahegelegene und von der Unesco geschützte Naturreservat "Peninsula Valdes". Dort möchten wir auch hin.

Sowas kostet leider. Der Mietwagen, auch wenns nur ein alter Corsa ohne jedes Extra ist, kommt auf 360 Pesos (ca. 70 Euro); dann fahren wir in den Naturschutzpark hinein und schlucken, weil wir nochmal 145 Pesos (ca. 26 EUR) Eintritt zahlen sollen. Wir lassen uns aber natürlich nicht abschrecken und düsen weiter zum 20-km-entfernten Informationszentrum, indem Richy sich detailliert informiert wo was zu bestaunen ist und ich umher schlendere und das 11-Meter-große Skelett eines Baby-Wals begucke.



Auf der nun beginnenden Kies-Straße sind wir bereits unserem Auto-Vermieter sehr dankbar uns so eine "alte Karre" geliehen zu haben. Wir brauchen nicht großartig auf unser Gefährt zu achten und tuckern kilometer-weit vor uns hin. (Richy hier: was für eine Fahrt. Die Karre rutscht auf dem Kies, das Dir anfangs ständig Angst und Bange ist. Laut Vermieter legt´s hier zweimal die Woche ein Auto aufs Dach. Spaß hat das erst nach drei Stunden gemacht, als ich Sicherheit gewonnen habe). Um uns rum nur Steppe, ein paar Grasbüschel ABER kein einziges TIER. Wo sind sie? Angeblich sollen hier Guanacos (ein Verwandter des Lamas), Gürteltiere und Nandus (Straußenvögel) leben. Weit und breit können wir aber keines entdecken und schlucken erneut wegen des Eintrittspreises. 

Nach einer Stunde staubiger und langsamer Fahrt, tut sich ein Aussichtspunkt vor uns auf, der auf der Karte nicht eingezeichnet ist. Als wir aussteigen, können wir unseren Augen nicht trauen. ENDLICH, ein Pinguin!!!!! Wir gehen der Absperrung weiter entgegen und erblicken immer mehr von ihnen. Etliche kleine, große, junge und alte Pinguine. Ich kann es nicht fassen, grinse die ganze Zeit vor mich hin und nerve Richy damit gefühlte 1000 Fotos zu machen. Es ist wirklich unfassbar. Diese freilaufenden bzw. -watschelnden Tiere stellen ihre Artgenossen im Zoo aber absolut in den Schatten. 


Glücklich...

Nahaufnahme!

Größenvergleich ;o)

Faszinierend, oder? 

Der weitere Tag verläuft weiter absolut faszinierend, wir treffen Seeelefanten, die faul in der Sonne liegen und Seelöwen, die in einer Gemeinschaft leben und sich trotzdem permanent bekriegen und bedrohen. Lustig anzusehen und unfassbar zugleich, dass sie uns gestatten sie dabei zu beobachten. Aus Respekt bleiben wir und alle anderen Besucher hinter den markierten Absperrungen und gönnen den Tieren ihren Freiraum.
Der Gesang der Seelöwen war wahnsinnig laut!

Ein Tier versteckt sich bis zum bitteren Ende vor uns: das kleine Gürteltier! Erst als wir am Punta Norte, unserem letzten Halt, ankommen, sprintet ein Gürteltier kreuz und quer über den Parkplatz. Habt ihr schon einmal ein Gürteltier live gesehen?


Ha, erwischt! 


Die sind sehr witzig. Die ganze Zeit dachten wir es sucht seine Erdhöhle. Als wenn es nichts sieht läuft es zwischen den Autos umher. Es macht ihm gar nichts aus, dass wir ihm folgen und ablichten wollen, zumindest eine Zeit lang. Dann schaut es Dich an und rennt mit seinen kleinen Beinchen direkt auf Dich zu, sodass man reflex-artig ausweicht. So wie ich...

Hilfe!!!!
Sehr nett und sympathisch. Wir lassen es aber nun in Ruhe und fahren gen "Heimat".

Auf dem Nachhauseweg scheinen sich alle Tier-Höhlen geöffnet zu haben und Richy muss alle 5 Minuten wegen der Guanacos, Schafe, Gürteltiere oder einer Art Fasan bremsen. Spätestens der schöne und lange Sonnenuntergang versöhnt uns mit den 30 EUR Eintritt. Wir hätten auch viel mehr bezahlt!

Gute Nacht und schlaft schön! 
Pinguinische Grüße
Eure Doreen


Freitag, 28. Januar 2011

Argentinien und die Wüsten-Pinguine (mit starken Fotos!)





Die Grenze von Chile nach Argentinien liegt hinter uns, genauso wie rund 28 Stunden im Bus. Der Lohn für die Mühe:  Wüste, Sandsturm und ein Hostel direkt an einer Durchfahrts-Straße - Bienvenida a Argentina, genauer gesagt in Puerto Madryn. Zählt laut Geografieteil im Reiseführer immer noch zu Patagonien, fühlt sich aber ganz anders an als das patagonische Seengebiet in Chile, wo wir uns vorher aufgehalten haben. Man muss sich das so vorstellen, dass wir Südamerika mit dieser einen Busfahrt von West nach Ost komplett durchquert haben; vom Pazifik zum Atlantik; von links nach rechts; aber immer ungefähr auf derselben Höhe bleibend, was eigentlich auf vergleichbares Klima schließen lassen sollte. So kenne ich das jedenfalls aus Europa. 

Aber hier, in diesem Teil von Südamerika, in Patagonien? Da gelten andere Regeln. Unfassbar, was du während der Busfahrt an Änderungen in den landschaftlichen Strukturen und im Bewuchs zu sehen bekommst. Vegetation satt im Seengebiet von Chile; während der Anfahrt in die Berge dann mit jedem Höhenmeter wilder und brauner werdende Pflanzen; die Straße, eine Schneise mitten durch unberührten Regenwald. Erst dicht und grün; dann von trockenen Schlinggewächs durchdrungen; schließlich lichter werdende Bäume, eine bräunliche Farbe annehmend und weniger hoch wachsend; irgendwann nur noch Sand und Fels. Dazwischen kiiiilllooometerweit keinerlei Siedlungen oder Anzeichen menschlichen Daseins; dafür immer wieder Bäche und Flüsse mit mal klar perlendem, mal wild schäumenden Wasser als Farbtupfer. Einer dieser Farbtupfer verbreitert sich während der Fahrt zum Rio Negro; er begleitet die Busfahrt einige Stunden lang, die Straße führt an Ufer entlang. Während dieser Zeit verändert sich die Landschaft weiter ständig; wird zur Steppe und zur Wüste. Keine Menschenseele hier, nur ab und zu ein paar Nester mit ein paar Buden, ´ner Tankstelle; ´ner Bar und sonst wenig. Wie im Spaghettiwestern. Und sehr beeindruckend, diese Weite zu erleben.  Die Sonne brennt vom Himmel, dass Dir wegen des grellen Lichts die Augen schmerzen; und du spürst, dass Du hier zu Fuß und ohne Wasservorrat keine zehn Kilometer Fußmarsch überstehen würdest. Rio Negro, Rio Colorado, jetzt kann ich all diese Namen aus den alten Westernstreifen endlich zuordnen! 

Von all dem haben Doreen und ich aber nichts geahnt, als wir Puerto Madryn als Ziel ausgesucht haben. Es war aus keinem Reisebericht im Internet heraus zu lesen. Selbst nicht aus dem sonst recht zuverlässigen Lonely-Planet-Reiseführer. Meine Güte, schließlich sind wir doch wegen der Pinguine hier. Nahe Puerto Madryn soll es die weltweit größte Pinguin-Kolonie zu bestaunen und zu unterwandern geben. Da sind wir einfach nicht von Wüste ausgegangen. Und doch umgibt sie Puerto Madryn… und dringt manchmal sogar in die Stadt ein. So wie gestern, vielleicht vier bis fünf Stunden nach unserem Ankommen. Doreen und ich waren gerade auf einem ersten Erkundungs-Spaziergang unterwegs, an der (faden) Strandpromenade entlang, ein bisschen die (ebenfalls faden) Gassen abseits erkunden. Die ganze Zeit über war der Wind zu spüren, von der Landseite her kommend. Irgendwann hat er dann aufgefrischt; dann großes Sirenengeheul und plötzlich war er da, der Sandsturm. Selbst hier, mitten in der Stadt und trotz der Häuser als Windfang kannst Du teils kaum gegen die Böen anlaufen; und kannst wegen der Sandkörner kaum die Augen öffnen.  

Naja, und so kommst du  also ins Hostel; pulst den Sand aus deinen Augen, Zähnen und Klamotten; findest nach dem Duschen in der Küche kein sauberes Geschirr fürs Abendessen; und musst dir ein Vier-Bett-Zimmer mit anderen teilen, direkt an einer der breiteren Straßen hier in Puerto Madryn: Frage an Sachkundige: was finden Südamerikaner cool daran, dass der Auspuff an jedem zweiten Auto defekt ist; und dass man wild hupend mitten durch die Nacht fährt? Ehrlich gesagt, hatten wir gestern Abend von Puerto Madryn die Schnauze voll. Aber heute entwickelt sich alles zum besseren.Wir haben hier im Hostel ein paar nette Leute kennengelernt und nach deren Erzählungen endgültig Esquel als unser nächstes Ziel festgelegt; haben ein schönes Frühstück genossen; konnten danach in ein nettes Zwei-Bett-Zimmer umziehen; ich mach nachher ein paar Züge im Atlantik; und heute Abend belohnen Doreen und ich uns mit lecker Essen auswärts statt Selbstgemachtem im Hostel. Das wird sicher schön.

Der Rufer aus der Wüste, 
Richard 


Doreen und ich ganz hinten im Bus, um acht Uhr morgens, in  Puerto Varas. In Puerto Madryn sollten wir am nächsten Tag 12 Uhr ankommen. Hat trotz Mehrfach-Umsteigens inklusive einiger Verspätungen und Sprachprobleme auch gut geklappt.   

Die erste Stunde verabschieden wir uns vom Seengebiet rund um Puerto Montt / Puerto Varas: hübsch viel grün hier. 

Viele hübsche Wildbäche. 

Und hübsche Grenzkontrolle. Inklusive anstellen nach Name sortiert, zwecks Check durch den Kontrollposten. 

Doreen ist glücklich: wir haben Ausreise aus Chile und Einreise in Argentinien gemeistert, haben unser zweites Land der Südamerika-Reise erreicht: Argentinien! 

Tipp für die Busfahrt: unbedingt Fensterplatz reservieren. Es gibt echt viel schöne Landschaft zu sehen.

Viel Grün, aber auch schroffe Felsen...

Je weiter wir kommen, desto staubiger und schroffer sieht die Landschaft aus. 

Der Rio Negro. Ein echt beeindruckender Strom. Wird außer von ein paar versprengten Fliegenfischern seltsamerweise aber überhaupt nicht benutzt. 

Eine der vielen Straßen ins Nirgendwo. Hier würde ich gerne nochmal mit dem Motorrad herkommen. Robert, in den Anden gibt´s Kurven, die würden Dich endlos glücklich machen!

Dieses Bild ist für meinen Dad.  Er wollte mal einen Radfahrer sehen. Hier ist einer, ganz klein.  Radwanderer sind gar nicht so selten hier in Patagonien; und Mountainbikes kannst überall leihen.

Wundervolle Felsformationen. Nur eine von vielen.

Am Abend wird das Licht richtig schön orange. 

Kilometerlang siehst du nichts, außer Straße und ab und zu ein entgegen kommender Laster. 

Wir fahren eine Nacht durch. Am nächsten Morgen sind Doreen und ich erstaunlich frisch beinander. Die "Semi-Cama"-Busse sind komfortabel.  Ohrstöpsel, Nackenkissen und Schlafbrille sorgen dafür, dass wir schlafen. Lieber uncool als unausgeschlafen.

Mittags um 12 Uhr: willkommen in Puerto Madryn!
Abends um 19 Uhr: Sandsturm in Puerto Madryn!
Am schönsten sieht Puerto Madryn aus, wenn man´s vom Steg aus betrachtet. Die Stadt ist fad und arm an Attraktionen. Immerhin ist der Atlantik schön ruhig, hier kann man gut baden. 

Den größten Spaß beim ersten Erkundungsbummel hatten Doreen und ich in einer kleinen Spielhalle, wie es sie in Europa kaum noch gibt. Doreen besiegt mich beim Airhockey mit 2:7. Das gibt noch eine Revange!
Anmerkung von mir (Doreen): Richy ist ein Gentleman und erwähnt seinen Sieg im ersten Spiel gegen mich gar nicht ;o) Endlich haben wir einen Airhockey gefunden, jipppieh!

Für mich als retrofinen Videospielfreak ist ja sowas toll: 20 bis 30 Jahre alte Spielhallen-Automaten! Ms Pac-Man und Wonderboy, Daytona USA in der Viererversion, in ordentlichem Zustand und preiswert: 3 Pesos, also rund 70 Cent pro Game. Natürlich geht sich da eine Runde Ridge Racer 2 aus...

 


Sonntag, 23. Januar 2011

Ein Prosit auf Puerto Varas (mit irrem Video!)




Endlich. Bin wieder stolzer Besitzer eines Weißbierglas. Mir als Ur-Münchner hat der Abschied von meinen drei Weißbier-Kelchen in meiner Münchner Küche ja schon ein bisschen zu schaffen gemacht. Aber dank Prositfest in Puerto Varas fühle ich mich jetzt wieder ein bisschen kompletter - überhaupt hat das Prositfest den Tag richtig rund gemacht. Und das kam so… 

Frühmorgens hat´s Doreen und mich nämlich so gar nicht aus dem Bett getrieben. Erst so gegen halb elf - als es für jede andere Entscheidung sowieso zu spät gewesen wäre - haben Doreen und ich beschlossen, dass wir auf das hosteleigene Frühstück - sprich: zwei toastähnliche Weißmehl-Brötchen, zwei Scheiben selbstgebackenes Vollkornbrot, aber leider viel zu wenig Butter, Käse und Marmeleda um das alles zu belegen - pfeifen und dass wir außerorts den Tag einläuten wollen. Gewieft wie Frauen sind, hat Doreen natürlich einen Plan. Sie möchte nach Frutillar fahren. Deshalb waren wir ja überhaupt in diese Gegend gekommen, eigentlich mal. Denn Doreen, wie jeder weiß, steht auf romantischen Landhaus-Stil. Und laut Lonely Planet verdankt Frutillar" seinen Zauber dem Erbe der deutschen Einwanderer im 19. Jahrhundert, deren Kultur sich hier erhalten hat". Sprich: Holz, Gehäkeltes, Spitzendeckchen, sowas würde in Frutillar hoch geschätzt. Und es gäbe Kuchen nach deutschem Rezept.

Also wir raus aus dem Bett, runter in die Stadt, rein in den Bus und die 25 Kilometer von Puerto Varas nach Frutillar überwunden. Nachricht an Paps: Per Fahrrad wäre auch gegangen, es gibt Leihräder hier im Hostel, und der Weg soll recht nett sein. Aber wir sind fauler. Nach rund 30 Minuten Bus-Schaukelei ist  Frutilla erreicht, genauer gesagt der Außenbezirk namens Alto, da wo die hiesigen Chilenen leben. Unsere Hotelwirtin hat uns gewarnt, hier sollten wir nicht aussteigen, weil hässlich. Wir sollten weiter fahren, bis Frutillar Bajo. Weil wegen Uferpromenade, Theaterbühne im See, viele Cafés, sprich hübsch. Als wir aus dem Bus aussteigen, drängt sich erstmal ein Grinsen auf. Wir stehen direkt vor dem "Hotel Kaffee Bauernhaus", spazieren am "Kuchenladen" vorbei, widerstehen im Supermarkt nur knapp dem Kauf einer Packung Kekse namens "Gretel". Was wir aber nicht finden: ein wirklich hübsches Café mit Frühstück und romantischem Kolonialflair. Nach zwei Stunden Suche, leerem Magen und schlechter Laune trösten wir uns mit Cola, Nektarine, Schokoriegel aus dem Supermarkt, und einem recht leckerem Omelette in einem Standard-Lokal.

EIn bisschen abseits wird´s aber interessanter. Hier haben die Ahnen der deutschen Gründerväter - mit Hilfe der deutschen Regierung, wie zwei kleine Gedächtnis-Schildchen verraten - eine Art Freilicht- bzw. Bauern-Museum eingerichtet. Da laden einige wiederaufgebaute bzw. restaurierte Häuser der deutschen Kolonisten zum Besuch ein; innendrin hat´s alte Lanz-Traktoren, Landmaschinen, Feueröfen und dergleichen. Auf Schautafeln wird das Leben und Erleben der Kolonisten auf spanisch, englisch und deutsch geschildert. Und zwar so lebhaft und anschaulich, dass wir wirklich gebannt sind. Kaum vorstellbar, wie einige mutige Menschen vor grad mal 150 Jahren ihr bisschen Hab und Gut irgendwo an der Nordseeküste auf ein Schiff geladen, es auf einer fünfmonatigen Reise hierher nach Südamerika geschafft; sich hier dann durch den dichten Dschungel geschlagen; und schließlich rund um den See Lago Llanquihue eine neue Heimat geschaffen haben.  Auszüge aus original Briefen von damals verstärken aufwallende Gefühle wirkungsvoll. Da lesen wir  zum Beispiel vom Aufbruch 13 mutiger Männer , die eine Schneise durch den Regenwald, von Puerto Montt zum See schlagen sollen - und wie zwei der Männer auf dem Weg verschwinden und nie wieder gesehen wurden. 

Viele Nachfahren der Kolonisten sind heute noch hier,  sind Großgrundbesitzer rund um den See, wie wir erfahren. Das deutsche Erbe zeigt sich heute vor allem in Familiennamen. Ein Chilene erzählt uns beim Einkauf nebenbei, dass seine Ahnen aus Deutschland gekommen seien, dass die deutsche Sprache in seiner Familie aber mit seinem Großvater verloren gegangen sei. Das gilt für die meisten hier. Todo hables espanol, spanish spoken, spanisch dominiert. Nur die allgegenwärtigen Kuchen hier, die sind so deutsch wie irgendwas. Doreen beendet den Ausflug mit einem "Kuchen con framboesa", sprich Himbeerkuchen, ich mit einem Stück Schwarzwälder Kirsch. 

Als wir abends nach Puerto Varas zurückkommen, lässt uns Deutsch-Chile immer noch nicht los. Mitten im Ortskern ist nämlich das eingangs erwähnte "Prositfest" in vollem Gange. Es besteht hauptsächlich aus einem Zelt voller deutscher Flaggen und etlichen Bierschänken. Es gibt Hamburger, Sauerkraut und Wurstel. Was wir in Deutschland eben so essen, gell. Die  Blaskapelle spielt auf:  Zünftige Volksmusik, fast originalgetreu, aber schneller. Käme auch gut auf der Wiesn. Es gibt hier einen Stand mit Erdinger Weißbier. Komm ich nicht drumrum. Aber warum wollen mir die zwei chilenischen Schankkellner das im Plasikbecherl geben? Irgendwie biege ich ihnen bei, dass das aus den paar Weißbiergläsern, die sie irgendwo unter der Theke stehen haben, viel besser schmeckt. Und kriege mein Dunkles Erdinger im  Glas, hier in Puerto Varas, Chile. Bin glücklich. (klick doch mal, wenn du Zeit und eine schnelle DSL-Leitung hast  ;-)

Selige  Grüße, 
Richard 
In Frutillar steht ein wundervolles Holzhaus, und das heißt "Hotel Kaffee Bauernhaus". Und so siehts von innen aus... 

In Frutillar wird Kleingarten-Idylle noch ernst genommen. Und ja, es gibt auch Gartenzwerge. 

In Frutillar kommen einem seltsame Gedanken, wie zum Beispiel: deutsche Kolonisten haben vor 150 Jahren all ihr Sack und Pack verladen und sich auf eine Reise ohne Wiederkehr begeben. Sollte ich das auch tun... und vielleicht zum Mars fliegen? 

Kekse wie aus Alemana, gibts hier überall zu kaufen.

Das Museo Colonial Aleman von Frutillar zeigt, wie´s bei den alten Kolonisten so zugegangen ist.  Im Hintergrund: das Herrenhaus. Im Vordergrund: der einzige Deutsche im Museo. 

Sogar die Blumen im Museo kennst aus Deutschland.

Frutillar liegt am Lago Llanquihue, deshalb macht ein Steg hier soviel Sinn. 

Nochmal Frutillar, mit Kirche. Anders als in Bayern üblich, hier am Ortsrand gelegen. 

Das Museo Colonial kann sich über eine schlechte Lage nicht beschweren.

Die Ausstattung der restaurierten Häuser: macht einen originalen Eindruck. Sehr hübsch, unbedingt besuchenswert!

Abschied von Frutillar: mit einem Stück Schwarzwälder Kirsch.

"Prositfest" in Puerto Varas. Greetings  to Dene and Doug from San Francisco: Erdinger Weißbier tastes much butter when drunk from a real Weißbier-Glass. Look forward to invite you  should you ever visit munich. Meet you soon!






Freitag, 21. Januar 2011

Schwarzwälder Kirsch in Chile



Vorgestern hat´s uns weiter getrieben - Richtung Süden. Nach Puerto Varas genauer gesagt. Eine kleine Stadt im Seengebiet, die als das Tor zu Patagonien gilt - was wiederum der  südlichste Zipfel von Südamerika ist, und eine Region, der Naturverliebte unberührte Landschaften und beeindruckende Erlebnisse nachsagen. Mehr dazu, und über unseren Besuch am Vulkan Osorno in Kürze.  

Aber der Reihe nach: als Low-Budget-Reisende haben wir, wie in Chile allseits üblich, den Bus als Verkehrsmittel gewählt. Selbst die 1000 Kilometer von Valparaiso nach Puerto Varas legt hier jedermann so zurück. Warum? Eisenbahn gibt's praktisch nicht, und fliegen ist zu teuer. Also Bus ganz normal hier. Und herrlich billig. Das Ticket für einen Nachtreisebus kostet grad mal 24.000 Pesos, also rund 40 Euro. Weil wir uns eine fast ebensoteure  Hostelübernachtung sparen - ist ja ein Nachtbus! - kostet die Reise also fast nichts. Und der Bus aus dem Fuhrpark eines Unternehmens namens Pullmann ist weit von dem entfernt, was ich vorher als Bild im Kopf hat beim Thema Busfahren in Südamerika. Das hier sind keine schrottreifen Blechkisten, mit Dellen im Blech und Ziegen auf dem Dach. Nix da. Das hier sind Luxusbusse; so genannte Semi-Cama, wo man die Sitze schön weit nach hinten lehnen kann und somit zumindest eine halbwegs erträgliche Dös-Position findet. Außerdem gibt´s Snacks; einen TV mit aktuellem Kinofilm; Decken; und wir kriegen im Doppeldeckerbus sogar die Frontposition im oberen Stockwerk, inklusive Blick nach vorne! 

Geht's noch exklusiver? Wohl kaum, könnte man denken. Aber naja: der Film ist spanisch, die Snacks sind Zuckerkram; und alle paar Stunden beugst sich ein Schaffner über uns, um Vorhänge zu schließen, sie zu öffnen; oder Scheiben von innen zu wischen. Und  in der Praxis schläft es sich halt doch eher mau. Erstens weil die zwei 13-jährigen Gören hinter uns ständig quasseln. Außerdem drängt sich ein nervtötender Alarmsound als Ergänzung zu Doreens Blogeintrag "Sounds of Chile" auf. Und das kommt so: eine digitale Tempoanzeige direkt vor uns informiert uns lobenswerterweise über unsere Reisegeschwindigkeit. Feine Sache. Blöd nur, dass das Ding immer dann einen schrilles Klingeln von sich gibt, wenn der Fahrer die Marke von 100 Stundenkilometern überschreitet. Meistens ist unser Chauffeur brav, und hält sich an die Verkehrsordnung. Aber gelegentlich, wenn er überholt oder den Berg runter schlingert, da gerät er halt doch über das Limit. Und dann ist das Geklingel groß. Mitten in der Nacht. Welcher Ingenieur baut sowas in einen Nachtbus ein? Gehört geteert und gerädert!   

Nach 16 Stunden sind wir dann also doch dankbar, dass wir Puerto Varas erreichen. Mitten im Wolkenbruch. Nach zwei Wochen Sonnenschein hatten wir schon nicht mehr daran gedacht, dass es hier in Chile so etwas wie Regen überhaupt geben könnte. Aber davon abgesehen empfängt uns die, an Südamerikas drittgrößtem See - dem Lago Llanquihue - gelegene Kleinstadt sehr nett. Das Hostel Compass del Sur hat hübsche ZImmer und ist hinreichend sauber, die Crew ist nett, und das Frühstück okay. Und Puerto Varas wird zumindest zum Teil dem Ruf gerecht, die "deutsche Stadt" in Chile zu sein. Laut Reiseführer sind hier ja ohne Ende Holzhäuser deutscher Kolonisten zu bestaunen. Es gibt echten Kuchen.  Und überhaupt sei sehr vieles deutsch hier. 

Tatsächlich finden bei unserem Eintreffen gerade die Vorbereitungen zu einem deutschen Straßenfest statt. Jedenfalls hängen schwarzrotgelbe Girlanden an einem Zelt, das mitten im Ortskern errichtet wird. Es gibt eine Kneipe namens "Aleman". DIe alle Flachbauten überragende Kirche hier könnte genauso gut im Schwarzwald stehen. DIe Policia trägt die alten oliven Münchner Polizei-Uniformen auf, jedenfalls sehen Schnitt, Farbe und Passform genauso aus.  Und die Pensionen heißen "Tante Puppe" oder so. Wirklich! Davon abgesehen ist in der Praxis von den deutschen Wurzeln des Ortes aber wenig zu merken; deutsch spricht jedenfalls niemand hier, auch nicht als wir nach dem Weg zu unserem Hostel fragen. Ist aber gut so. Schließlich wollen wir ja was Neues kennen lernen. Vulkane, Regenwald und was Patagonien eben sonst so zu bieten hat. Gegen einen leckeren "Streuselkuchen para frutilla" an einem der vielen Kuchenstände zwischendurch ist ja trotzdem nix zu sagen…   

Süße Grüße, 
Richard 


Abschied nehmen von Valparaiso: ein letzter Spaziergang am Strand von Renaca...

Ein letzter Blick auf den Hafen... 

Letzte Trimmdich-Übungen an den Trimmdich-Geräten am Strand... 

Ein letzter Versuch, im Pazifik zu schwimmen. Klappt leider nie so ganz, weil wegen hohen Wellengangs immer die rote Fahne - sprich Badeverbot - aushängt... 
Das war vorher: Doreen freut sich auf die Fahrt von Valparaiso nach Puerto Varas, ganz vorne im Bus.  
Das war nachher: Wolkenbruch in Puerto Varas bei Ankommen nach 16 Stunden im Nachtbus. 
Ist aber alles halb so wild: in Puerto Varas gibt es hübsch gelegten Boden... 

Unser Hostel. 

Lecker Frühstück, im Preis von rund 20 Euro pro Nase inklusive. 


Alles in allem schön hier!