Mittwoch, 11. Juli 2012

Verleger sind auch nur Menschen...

Kaum ein paar Wochen zurück in
Deutschland, und schon einen Verlag
für unser Weltreise-Buch gefunden?
Das wäre ja zu schön! 


Wer diesen Blog aufmerksam verfolgt, der hat´s mitbekommen: Doreen und ich seit unter die Buchautoren gegangen. Ich hatte in früheren Blogbeiträgen bereits beiläufig erwähnt, dass wir Pläne mit diesem, unserem Weltreise-Blog haben. Dass wir nach unserer Rückkehr nach Deutschland weiter damit arbeiten, und ihn als Grundlage für unsere erste Buchveröffentlichung nutzen wollen. Wir haben in den letzten Monaten einiges unternommen, um Schritte in diese Richtung zu gehen. Wir haben uns schlaugelesen, was notwendig ist und was man wissen muss, wenn man ein Buch unter die Leute bringen will. Ich komme zwar aus dem Verlagswesen, das schon. Aber Bücher? Null Plan bisher.

Jetzt weiß ich: Heutzutage ist es gar nicht mehr zwingend notwendig, einen großen Verlag von seinen Texten zu überzeugen. Per Book-on-demand kann grundsätzlich jeder sein eigenes Buch drucken und verlegen, praktisch ohne das Haus zu verlassen. Wie praktisch. Nun ahne ich als gelernter Kaufmann aber auch, wie aussichtslos ein derartiges Unterfangen sein muss. Über so ein Do-it-yourself-Book freuen sich bestimmt viele unserer Freunde. Aber ich sähe es außerdem gerne, wenn auch mein Geldbeutel einen kleinen Freudenhüpfer macht. Book-on-demand, und dann noch selbst vermarkten - das kann doch niemals ein Verkaufserfolg werden.

Während ich mich weiter schlauer lese, lerne ich eine für mich neue Facette des Verlagswesens kennen: sogenannte Buch-Agenten. Sie bilden ein Zwischenglied zwischen Autor und Verlag, sind so eine Art Makler für Literarisches. Zecken? Möglich, denke ich mir. Oder eine prima Möglichkeit, um unsere Buchidee in die Tat umzusetzen. Bevor wir so jemand ansprechen, geben Doreen und ich uns große Mühe. Wir sammeln alle Blog-Texte, fassen sie in einem Dokument zusammen. Exrahieren aus ungefähr 400 Seiten Rohtext ein erstes Kapitel, fertigen daraus einen Entwurf für unser Buch  - ein sogenanntes "Skript". Dazu kommt ein schönes Anschreiben, dass unsere Vorstellungen umreißt: Inhalt, Zielgruppe, alles was "Wir sind dann mal woanders" eines Tages ausmachen soll.

Auf dem Markt nahe Khao Lak/Thailand sind wir keinen
 Gaunern begegnet. Was das mit dem Buchthema
 dieses Blogbeitrags zu tun hat? Steht im
nächsten Absatz beschrieben... 
Wir haben nur eine Handvoll Literaturagenten angeschrieben. Nicht zu viele, man will ja den Überblick behalten. Aber offenbar hätte ich bei der Auswahl sorgsamer sein dürfen. Habe vor einigen Tagen ein etwas merkwürdiges Rückschreiben bekommen, von einer sogenannten "Deutsche Literaturgesellschaft". Inhalt des Briefes: Der Gesellschaft gefalle das Skript nach erster Durchsicht sehr gut; jetzt läge es weiteren Instanzen vor und wir würden bald näher informiert. Wohlgemerkt: Dieser Brief hat mich ungefähr drei Tage nach Versand des Skript erreicht. Wohl kaum genug Zeit, um sich damit ernsthaft auseinander zu setzen. Außer jemand würde mit hechelnder Zunge darauf warten, wie ein Hund auf sein Herrchen, das es endlich den Stock über die Wiese wirft. Bin leider nicht naiv genug, um dem deutschen Buchmarkt soviel Gier auf unser Erstlingswerk zuzutrauen.

Gut eine Woche später erreicht mich ein Maxibrief mit dem Absender "Deutsche Literaturgesellschaft". Aus dem Umschlag purzeln mir entgegen: Anschreiben und Vertrag auf einer Doppelseite in zweifacher Ausfertigung. Das Verlagslogo - Götterbote Hermes? - schwebt auf angenehm anzufassendem Briefpapier, Wasserzeichen kann ich aber keines erkennen. Großer Name, wenig dahinter?

Die "Deutsche Literaturgesellschaft" lässt uns
die freie Wahl, ob wir unser Buch "Wir sind dann mal
 woanders" als Taschenbuch oder Hardcover gebunden
 sehen wollen. Sehr zuvorkommend! 
Egal, der Einstiegssatz weckt erstmal Freude in mir: "Die Lektorenkonferenz hat sich dafür entschieden, Ihr Buch zu veröffentlichen" - Hurra! Hurra? Hm... habe beim Lesen irgendwie ein komisches Bauchgefühl, und darauf ist leider oft Verlass. Auch diesmal.

Gleich beim ersten Blick in den Vertrag finde ich unter Punkt Eins die seltsame Formulierung "Das Buch erscheint als...", gefolgt von den zwei Worten "Taschenbuch" und "Gebundenes Buch", beide jeweils mit Kästchen zum Ankreuzen. Ja, soll ich den selbst über die Buchausstattung entscheiden? Tatsächlich, das darf und soll ich. Warum, lese ich unter Punkt Vier. Weil ich selbst die Publikationskosten trage, sofern ich den Vertrag unterzeichne. 8.636,03 Euro für´s Taschenbuch, 14.831,22 Euro für´s Hardcover. Alles netto, wohlgemerkt.

Als Gegenleistung wird im Fall des Taschenbuches ein Garantiehonorar von 800 Euro zugesagt, plus 25 Prozent Tantiemen. Wie sich die exakt berechnen, vermag ich dem Schriftstück nicht zu entnehmen. Lässig überschlagen, tippe ich auf maximal 2 Euro pro verkauftem Buch. Mooomeeent, mal kurz rechnen. Selbst wenn die komplette Auflage in Höhe von 3000 Stück verkauft würde, addierten sich Garantiehonorar und Tantiemen auf 6.800 Euro. Zahlen soll ich aber über 8.600 Euro. Hm, irgendwie sieht mir das nach keinem allzu partnernschaftlichen Geschäft aus...? Liebe/Lieber Rodja Smolny von der "Deutsche Literaturgesellschaft": Danke für das Finanzierungsangebot und insbesondere die Ratenzahlungs-Option.

Aber wir ziehen doch eine andere Option vor. Der Osutoria Verlag aus Wien veröffentlicht unser Werk in einzelnen eBook-Kapiteln, leicht verdaulich, genau richtig für unterwegs. Und vor alle, ohne uns vorher erstmal Geld abknöpfen zu wollen. Danke nach Wien, und ein dickes "Knuddel" an alle, die eines - oder sogar mehrere - unserer eBooks bereits geladen haben. Oder das jetzt tun wollen, zum Beispiel hier.

Über die Downloads freue ich mich sogar mehr als über das Goliathglas voller Nutella, das ich neulich im Kaufhof am Stachus entdeckt habe.
Richard





Sonntag, 1. Juli 2012

Wir sind jetzt Buch!


Unser erstes Buch gibt´s auf
Amazon zum Download.

Endlich ist´s passiert. Verrate ich zuviel, wenn ich schreibe, dass Doreen und ich unter die Autoren gegangenen sind? Im Osutoria Verlag aus Wien sind jetzt die ersten Bände aus der Buchreihe "Wir sind dann mal woanders" erschienen - Berichte über unsere Abenteuer und Erlebnisse in Südamerika. USA, Asien und Neuseeland folgen im Lauf der kommenden Wochen und Monate. 
Das zweite Buch auch. Als eBook.
Super zum Unterwegs-Lesen auf
Kindle-Systemen... 

Die Berichte erscheinen in kompakten Bänden als modernes eBook im Kindle-Format. Perfekt zum Lesen und Schmökern auf eBook-Systemen, Smartphones, und sogar auf jedem PC oder Mac, auf iPod, iPhone und Android-Handys: Die Lese-Software dafür ist kostenlos und installiert sich binnen Augenblicken wie von selbst. Download hier.

... ebenso wie PC und Macs,
iPhone, Android und
Windows-Phones. 
Aktuell verfügbar sind die Geschichten Die Reise beginnt,  Abenteuer in Argentinien und Auf dem Weg nach Machu Picchu. Wir überarbeiten alle Texte aus dem Blog; fassen Beiträge thematisch zusammen; arbeiten zusätzliche Informationen ein und bündeln das Ergebnis in einzelnen eBook-Bänden. Einige Bände sind komplett neu, bisher unveröffentlichter Lesestoff. Im eBook mit dem Titel Ein Gamer auf Weltreise zum Beispiel schildere ich, wie ich den Ausstieg aus meinem bisherigen Berufsleben erlebe und den Spaß am Gaming im Verlauf der Weltreise zurück gewinne. Eine sehr persönliche Geschichte.

Manche Bände sind komplett
neu getextet, zum Beispiel
dieser hier. 
Großes "Dankeschön!" an all die Leute, die uns mit Kommentaren und Emails den Rücken gestärkt haben. Doreen und ich, wir sind total stolz und glücklich über die großartige Rückmeldung auf unseren Blog in den vergangenen Monaten. All die positiven Stimmen haben uns bestärkt, dass wir unseren Blog als eBook - und im Fall eines Erfolges später als gedrucktes Buch - einem breiteren Publikum zugänglich machen. Jetzt hoffen wir, dass die eBooks auf ebenso großes Interesse stoßen. Wer Spaß am Blog hatte, der wird die eBooks mindestens ebenso sehr schätzen. Doreen und ich, wir freuen uns über jeden einzelnen Download. Wenn´s mehr als tausend Downloads werden, laden wir zum großen Dia-Abend ein - versprochen!  


Was jetzt wichtig für Doreen und mich wäre: Die Welt muss erfahren, dass wir unter die Autoren gegangen sind. Deshalb wäre es große Klasse, wenn du deinen Freunden und Kontakten vom Erscheinen des eBooks erzählst. Du kannst zum Beispiel diesen Link mit deinen Facebook-Freunden teilen. Das würde Doreen und mich sehr freuen. Vielleicht können wir mit den Erlösen aus dem Verkauf der eBooks sogar irgendwann weitere Reisen finanzieren und noch mehr Lesestoff nachreichen. 

Jetzt aber erstmal viel Vergnügen mit "Wir sind dann mal woanders", ab sofort auch als eBook!


Freitag, 17. Februar 2012

Neues vom Weltreisenden










Soll alles anders werden: Das habe ich mir für die Zeit nach meiner Weltreise vorgenommen. Bloß nicht mehr zurück in das Hamsterrad einer Videospiel-Redaktion. Aber einige Dinge ändern sich halt selbst dann nicht, wenn du ein ein vierzigstel Leben lang keine einzige Konsole angefasst hast. Also, nein, ich bin nicht entwöhnt, bin nach wie vor Gamer. Deshalb, eine der ersten Aktionen nach der Rückkehr in die eigenen vier Wände: Xbox anschließen und Hurra schreien, weil es Segas Vollgas-Spaßkanone "Daytona USA" jetzt auf XBLA gibt! Also sofort runterladen, Engine starten und gucken inwieweit sich das Game mit den "Erfahrungen" deckt, die ich Ende April in Daytona gemacht habe - bitte keine Prügel wegen des fiesen Wortspiels.

(Drei Stunden später): Was ich eigentlich schreiben wollte: Es gibt was Neues. Und zwar meinen neuen Blog: Spieleschreiber - Games jetzt und retro. Die Adresse: spieleschreiber.blogspot.com. Wa...? Na, weil ich immer noch über Spiele schreibe. Nicht mehr so oft, keine zwei Magazine mehr, aber hier und da möchten Worte strömen. Es beginnt mit einem Rückblick in die Zeit kurz vor Start unserer Weltreise. Viele gefühlvolle Momente hab ich durchlebt, in den letzten Monaten des Jahres 2010. Ein Abend irgendwann Ende November hat sich bei mir besonders tief im im Gedächtnis verankert. War zuhause und hab mir meinen Abschied aus der Redaktion von 360 Live und PS3M vorgestellt. Hab an diesem Abend den Text für das Editorial in Ausgaben 1/11 formuliert - den letzten Ausgaben, an denen ich mitwirken würde. Ich mag die Geschichte. Möchte sie gerne teilen und lade hiermit herzlichst zum Lesen ein: Bitte klicken.

Man liest sich,
Richard  



Du magst was du auf "Spieleschreiber" liest? Willst über neue Beiträge informiert werden? Einfach hier klicken, auf dem folgenden Bildschirm rechts oben auf "Follow". 

Donnerstag, 9. Februar 2012

Doreen und ich in Balance


Lange keine Lebensgeschichten von Doreen und mir gelesen, stimmt´s? Tut mir total leid, aber irgendwann enden selbst die schönsten Pausen - höchste Zeit für ein Blog-Update. Stoff gibt´s mehr als genug, in unser beider Leben hat sich enorm viel getan: Wir haben irre viele Freunde und Bekannte getroffen, von unserer Reise erzählt, Bilder vorgezeigt, geplaudert, Spaß gehabt. Doreen hat sich für ein paar schöne Frauenabende mit ihren Mädels verabredet.
Was sich so alles in München während des
einen Jahres Abwesenheit verändert hat:
Zum Beispiel kam der kleine süße Rasmus
auf die Welt...  
Ich hab Kumpels besucht, deren Leben sich im letzten Jahr mindestens genauso verändert hat wie meines: Heirat, Kinder, meine Güte, wir werden wirklich alle erwachsen. Ich findss so schön, dass ich diese Veränderungen sehen darf!

Zeitweise hatte ich mich in ein neues Brettspiel verliebt. Es heißt Behörden-Monopoly. Das Ziel: Finanzielle Unterstützung bekommen, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen habe - schließlich ist so eine Weltreise teuer und die Reserven sind knapp bei der Rückkehr. Das gilt erst recht, wenn man - wie ich - vor der Abreise fast alle beruflichen Leinen hinter sich kappt. Wollte bei meiner Rückkehr halt offen sein für Veränderungen. Hatte für die ersten Wochen ohne berufliches Ziel auf das soziale Netz Deutschlands gehofft. Irgendwo beim Pingpong zwischen Arbeitsagentur und Sozialamt habe ich aber die Waffen gestreckt. Bevor ich als Ex-Selbständiger von Vater Staat Arbeitslosengeld, Hartz IV oder Mittel für eine Unternehmungsgründung bekomme, ersinge ich mir eher noch den Titel "The Voice of Germany". Wie hat´s mein ehemaliger Kollege Michael S. neulich so hübsch gefacebookt: "Investiere deine Kraft und Ideen lieber in was Eigenes, da haste mehr von" oder so ähnlich. Schön, tue ich eben genau das.
Was Doreen und ich sonst so unternehmen: Besuch im
50er-Jahre-Musical "Lollipop" im Prinzregenten-
Theater. Toll! 

Aber noch mag ich mich nicht vollends auf einen neuen Job konzentrieren. Noch gibt es Wichtigeres im Leben von Doreen und mir. Zum Beispiel machen wir große Fortschritte bei der Verwandlung meiner Single-Bude in einen Zwei-Zimmer-Rückzugspunkt, den wir beide lieben. Wir hämmern hier, malen da, bauen dort, verschönern überall. Jetzt wo die Waschmaschine in die Küche umgezogen ist, fühlt sich Doreen im Bad richtig wohl. Und wie wohl das tut, wenn die Türen für Balkontüre, Küche und Badezimmer sich ohne lauten Knall schließen lassen. Oder ohne dass es sie - und Doreens Verstand - aus der Angel hebt. Nicht zu vergessen unser großartiger neuer Kühlschrank. Er schnurrt so wundervoll leise vor sich hin, und erledigt seinen Job viel zuverlässiger als der alte. Butter schmeckt ja soviel besser mit fünf Grad Eigentemperatur, statt kurz vor der Schmelzgrenze. 

Unternehmungen zwischendurch II:
Auto zulassen, nach Kufstein
spazierenfahren und den besten
Apfelstrudel einwerfen, den´s gibt.
Was macht uns sonst Freude, außer das Klingeln vom GEZ-Kopfgeldjäger neulich an der Tür? Verrate ich zuviel, wenn ich von Doreens Bewerbung bei ihrem Traum-Arbeitgeber erzähle? Sie wollte ja unbedingt was Soziales machen; etwas wo sie was wirklich sinnvolles tut. Dass gleich die erste Bewerbung zu einem Anruf des Unternehmens führen würde; einem Vorstellungsgespräch; vielen zitternden Abenden voller Ungewissheit; einem weiteren Vorstellungsgespräch; noch mehr nervösen Abenden; und am Ende zu einem Arbeitsvertrag - wow! Ich freue mich so sehr für Doreen, und wünsche ihr alles Gute für den 1. März und alle Arbeitstage, die danach folgen.

Unternehmungen zwischen-
durch III: Spaziergang im
winterlichen Park
bei uns ums Eck. 
Ich betrachte ihren Erfolg zugleich als Ansporn für mich selbst. Bin die letzten Wochen, was meine beruflichen Perspektiven betrifft, deutlich zu wenig zielstrebig unterwegs. Bin nicht faul, das nicht. Aber ich tu mich schwer damit, mein Leben in einem festen Rhythmus zu takten. Sieben Uhr aufstehen; neun Uhr den Mac starten; acht Stunden was texten; danach das gute Gewissen genießen, wirklich was erreicht zu haben - das hatte ich in den letzten Wochen viel zu selten.

Das ist bestimmt einer der Gründe, warum es manchmal zu Spannungen zwischen Doreen und mir gekommen ist. Gründe dafür gibt´s noch weitere. Einer ist ein neuer Fimmel, den ich offenbar während der Weltreise entwickelt habe. Da haben wir all unser Sack und Pack auf möglichst wenig Platz untergebracht. Alles was du brauchst, passt in einen kleinen und einen großen Beutel. Scheint fast so, als hätte ich mich in einen aufgeräumten Eigentums-Verweigerer verwandelt; jemand der mit eher weniger als mehr zufrieden ist.

Alles was Doreen und ich brauchten für ein Jahr
Weltreise, hat in ein paar Rucksäcke gepasst.
 Benötigen wir zuhause wirklich
 so vieles mehr? 
Ob Doreen ihr Leben auch nach der Weltreise mit so einem teilen möchte, da war ich mir anfangs nicht so sicher - speziell als Karton um Karton mit ihren Sachen angerumpelt kam. Für mich hat sich das angefühlt, als wolle Doreen ihre ganze ehemalige Zwei-Zimmer-Wohnung in meine reinstopfen. Inzwischen habe ich gelernt, dass ich ihr vertrauen kann. Vor zwei Jahren, als ich noch allein gelebt habe, da ist mein kleiner Kleiderschrank aus allen Nähten geplatzt, wegen der vielen Klamotten. Jetzt passen Doreens und meine Sachen rein, und es ist noch Luft. Doreen kann sich und mich einschätzen. Sie weiß, wie viel Deko und Bücher und Tüchlein ich ertragen kann - und wie viel schöne Dinge sie um sich herum braucht, um glücklich zu sein.

Wir scheinen die Balance allmählich echt gut hinzukriegen,
Richard


Mittwoch, 25. Januar 2012

Chip-TAN oder stirb!




Ich habe gute Lust, sofort wieder zu verreisen. Zu flüchten, genauer gesagt. Bin jetzt vielleicht sieben Wochen zurück in Deutschland, und zumindest heute wäre ich gerne woanders als hier. Es ist nicht das kalte Winterwetter, dass mich vertreibt. Ich mag Schnee. Ich empfinde auch keineswegs die Menschen hier als unfreundlich, obwohl ich in München im Vergleich mit zum Beispiel Asien sehr viel weniger lächelnde Gesichter sehe. Es ist die Bürokratie, die mich in die Ferne treibt. Mir kommt´s vor, als müsste ich mich jeden Tag um irgendwelchen kleinkarierten Mist kümmern. Und fast immer geht´s um das liebe Geld. Irgendwann werde ich mal ein paar Zeilen darüber texten, wie es einem ehemals Selbständigen ergeht, der beim Arbeitsamt oder den Sozialbehörden um Zuschüsse bettelt. 

Während ich mich mit dem
Chip-TAN-Verfahren und ähnlich
kleinkarierten Blockaden eines sorglosen
 Lebens befasse, wünsche ich mich zurück
an den Mekong...  
Aber nicht diesmal. Denn was mich heute urlaubsreif schikaniert, das ist das Geldinstitut, das mein Leben begleitet. Die Stadtsparkasse München. Bei der bin ich Kunde seit… seit… ach, seit immer! Ich muss um die sieben Jahre alt gewesen sein, als meine Mama mich in die Filiale in der Münchner Quiddestraße geführt hat. Rausgekommen bin ich mit einem Sparbuch in der linken Hand, einem Knax-Heft in der rechten, und einem Sparschwein in der Jackentasche. Könnte sein, die Ära ist bald zu Ende. Denn die Stadtsparkasse tanzt Step auf meinen Nerven. 

Kaum dass ich nach der Weltreise deutschen Boden betrete, erhalte ich ein Schreiben von meinen Geldverwahrern. Das Online-Banking wird umgestellt, lese ich. Ab Ende Januar ist Schluss mit den praktischen TAN-Listen aus Papier. Schade. Ich mag, wie Online-Überweisungen damit funktionieren. Muss nur eine Nummer von der Liste in ein Kästchen auf dem Bildschirm übertragen, der Sicherheit ist genüge getan. Aber jetzt nicht mehr. Die Bank zwingt mir das sogenannte Chip-TAN-Verfahren auf, ob ich will oder nicht. Ich will definitiv nicht. Geldinstitut wechseln? Hm. Noch gäbe es Banken, die ohne die unsägliche Zwangs-Verchippung auskommen. Oder die zumindest das Alternativ-Angebot "TAN per SMS" kostenlos anbieten, ohne dafür extra Gebühren zu kassieren wie die Stadtsparkasse. Aber all der Aufstand für den Wechsel, dafür bin ich momentan zu faul und anderweitig beschäftigt. Na gut, ich gebe klein bei. Wandere ums Eck in die Stadtsparkasse in der Thomas-Dehler-Straße und lass mir gegen eine Zwangsabgabe von elf Euro - angeblich Selbstkostenpreis, komisch, bei anderen Sparkassen kostet´s neun - ein Chip-TAN-Gerät andrehen. Das Gerät sei voll mobil, habe ich bereits der Homepage der Stadtsparkasse entnommen. Sei bloß scheckkartengroß, kann es überall mitnehmen. Stimmt. Fast. Weil es ist  halt dick, knapp so wie eine Zigarettenschachtel. In meine Brieftasche passt das Trum jedenfalls nicht. Bin aber auch kein Banker mit dicker Börse.

Lustigen Sicherheits-Spielereien mit Chipkarten,  
Fingerabdruck- und Augen-Scannern sind wir 
während der Weltreise überall rund um den Globus
begegnet. Hat sogar mitten in Vietnam besser funktioniert
als jetzt das Chip-TAN der Stadtsparkasse.

Die Dame am Schalter fragt, ob sie mir das Verfahren zeigen soll. Ich habe mir von der Beschreibung auf der Homepage vor allem die Schlagworte "bequem" und "komfortabel" gemerkt. Na okay. Jetzt will ich sehen, was bequemer und komfortabler sein könnte als das simple Abschreiben eines sechsstelligen Codes von einer Zahlenliste auf Papier. Die Dame zeigt mir weiße Balken, die wild auf einem Monitor flackern. Eine Art Kodierung? Übt auf mich eine eher beunruhigende Wirkung aus. Ich merke, wie ich nervös werde. Nehme mir fest vor, dass ich niemals neben einem Epilepsie-Kranken stehen möchte, während der seine Chip-TAN-Überweisung erledigt. Soll´s ja angeblich schon gegeben haben, dass so einer austickt beim bloßen Blick auf wilde Szenenwechsel in einem Kinofilm.  

Die Dame hält das rote Chip-TAN-Gerät etwas umständlich an den Monitor, so als wollte auch sie das Geflacker lieber wegsaugen. Tatsächlich soll jetzt wohl irgendwas dekodiert werden. Zunächst tut sich nichts. Sie dreht das Gerät ein bisschen, hin und her, her und hin. Irgendwann, nach etwas zu vielen Augenblicken, macht´s einen Pieps, und die Dame guckt erleichtert. Jetzt liest sie einmal sechs und einmal acht Ziffern vom Display des Chip-TAN-Dekodierers ab, und überträgt sie in zwei Kästchen auf dem Bildschirm. Sie guckt, als wäre die Demonstration zufriedenstellend verlaufen. Sehe ich anders. Das Alles scheint mir unbequemer und unkomfortabler zu sein als früher. Zeitraubender sowieso. Außerdem nervenzerfetzender. 

Zurück zuhause probier´ ich es selbst. Und wünsche mir binnen fünf Minuten meine gute alte TAN-Liste auf Papier zurück. Gleich die erste Überweisung bricht kurz vor Vollzug mit der Botschaft "Datenübertragung fehlerhaft" ab. Zigmal. Ich wollte eigentlich nur schnell eine Kleinigkeit bei einem Onlineshop kaufen. Bezahlen per Paypal, Giropay, das hat doch schon Dutzende Male geklappt. Diesmal aber macht Paypal die Schotten dicht, hält mich nach mehreren Abbrüchen vermutlich für einen Hacker. Die Telefon-Hotline der Stadtsparkasse kann mir nicht weiterhelfen, weil "…die Online-Kollegen erst morgen wieder da sind". Kurz vor fünf Uhr am Nachmittag, aha. Na schön.
Szene vom Mekong: Während der
Bootsfahrt nach Luang Prabang leiht mir 
eine Mitreisende ein Buch, das mir Geduld,
Balance und andere buddhistische
Weisheiten näher bringen will. Muss das
nochmal lesen. Hilft sicher beim Umgang
mit Chip-TAN.

Nächster Tag, neun Uhr vormittags. Die für´s Online-Banking zuständigen Kollegen sind tatsächlich im Dienst und sogar telefonisch erreichbar. Muss sogar nur 13 Minuten Sparkassen-Jingle ertragen, bis ich einen ganz netten Kerl am Hörer habe. Einer, der aus der Praxis erzählt. "Das kann gar nicht klappen, wenn sie eine Schreibtischlampe neben ihrem Monitor stehen haben". Ich staune. Kann nicht? "Ne, wegen des seitlichen Lichteinfalls. Damit kommt ihr Lesegerät nicht klar. Ist bei mir auch so". Ja, und nu? Kann ich nie wieder überweisen? "Klar doch. Ehrlich gesagt, das Gerät, dass wir in den Filialen verkaufen, das taugt nix. Holen Sie sich besser das Modell Schießmichtot aus unserem Online-Shop". 

Mit dem Verb "Holen" meint er natürlich "kaufen". Also nochmal Geld ausgeben? Mein Kampfgeist erwacht. Niemals gebe ich auch nur einen weiteren Cent für diesen Bockmist aus, den ich nie wollte. Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich in die Filiale marschieren, den Chip-TAN-Quälgeist auf den Thresen knallen. Ich würde erst das Haus verlassen, wenn ich mein Geld wiederbekomme oder sich meine Finger um ein funktionierendes Gerät schließen. Das nehme ich mir vor, und schreite zur Tat. Lange Rede kurzer Sinn: Ich kriege mein Geld wieder, ja. Aber erst nach einem zehn minütigen Disput. Zwei Mitarbeiter der Filiale verweigern sich meinem Anliegen zunächst komplett. An meinem dramatischen Tonfall merken sie jedoch, dass ich nicht aufgeben werde. Ich übe mich in Geduld. Bleibe freundlich, hebe aber etwas den Ton, so wie ich das in Asien gelernt habe. Die Beiden tuscheln und telefonieren, werfen "Verpackung?" und andere Worte durch den Raum, und nehmen das rote Biest dann tatsächlich grimmigen Blickes zurück. Verabschiedet werde ich mit einer unmissverständlichen Feststellung: Das Verfahren klappt bei jedem anderen. Damit wäre ich der einzige Mensch auf dem Planeten, der zu doof ist für Chip-TAN.  

Was lerne ich sonst daraus? Offenbar hat der Sparkassen-Vorstand nicht nur die Einführung von "Chip-TAN oder stirb!" beschlossen, ohne seine Kunden zu fragen - sondern auch die Abschaffung von "Der Kunde ist König". Motivierte Sparkassen-Angestellte machen kleine Sparer glücklich, diese Zielsetzung ist wohl von gestern. Nach dieser Erfahrung habe ich plötzlich richtig Lust auf Online-Banking. Aber bitte ohne Chip-TAN. Ich trauere den Zeiten nach, als wir inHongkong ein Dauer-Visum für Thailand beantragen durften. Oder als wir nach Burma einreisen wollten. Der Papierkram damals, das war alles so angenehm und zufriedenstellend im Vergleich mit dem, was ich jetzt mit der Sparkasse erlebe...

Also doch besser gleich wieder weit, weit weg? 
Richard



P.S.: Das Einstiegsbild mit dem Chip-TAN-Lesegerät stammt aus dem Onlineshop der Stadtsparkasse. Ist gut an dem Displaytext zu erkennen, der eine geglückte TAN-Transaktion suggeriert. Sowas hab´ ich nur einmal gesehen. Dafür bestimmt zehn Fehlermeldungen.