Dienstag, 8. Februar 2011

Esquel und das Labyrinth der Lagune (Teil 2)



So sieht das aus, wenn man die Lagune 
umwandern will. Kein Wanderweg, dafür wilder
 Busch und skelettierte Schädel.
Auf der Suche nach einem Weg um die Laguna La Zeta herum wandern wir immer weiter, immer am Zaun entlang, hoffen auf einen Weg zwischen den Weiden. Aber es kommt keiner. Kilometerweit nur Zaun und Steppen. Irgendwann treffen wir vier argentinische Mountainbiker. WIr können kein spanisch, die kein englisch. Also erklären sie uns mit Händen und Füßen, dass wir umkehren sollten. Alternativ könnten wir den rund 400 Meter hohen Berg vor uns querfeldein überqueren und so nach Esquel zurück finden. Die Hunde, die wir in der Entfernung bellen hören; nein, die seien kein Problem. 

Direkt am Laguna La Zeta: fast kein
 Lebewesen, außer diesem Pferd.
Jasmin, das Foto ist für dich!
Am Ende hat uns die Lagune wieder.
Ein ereignisreicher und eindrucksvoller
Tag geht zu Ende.
 


Wir verstehen die Orientierungs-Tipps der vier Mountainbiker so, dass wir den Berg über die Weiden vor uns problemlos erreichen würden;  steigen über den Zaun, und marschieren weiter - Doreen mutig drauflos, ich mit flauem Gefühl im Magen. Wir sehen einen skelettierten Tierschädel; einen einsamen Baum mitten in der Pampa; wunderschöne Landschaftsbilder wie aus Western-Filmen. Aber dann stehen wieder Pferde und Rinder im Weg, diesmal überall in Marschrichtung. Da dran vorbei? Dabei haben wir noch nicht mal den Fuß des Berges erreicht; und keine Ahnung, ob und wie es dort dann weiterginge. Sorry, das ist mir hier mitten in der menschenleeren Pampa zu viel des Mutes - oder des Leichtsinns. Ich überrede Doreen zur Rückkehr. Einen warmen Regenschauer, ein paar Dornbüsche, und etliche Kilometer später erreichen wir wieder die Lagune und damit vertrautes Gebiet. 

Unser Tagesausflug in das besuchenswerte 
Örtchen Trevelin. Der Wind tobt, die Frisur sitzt, 
jedenfalls fast. 
Den folgenden Tag nutzen wir für einen kurzen Trip in das Nachbarörtchen Trevelin. Meine Güte, ist das hübsch hier! Gepflegte Straßen, einladender Park, Unmengen an tollen alten Autos. Wer einen alten Citroen DS oder Ford F100 Pickup sucht - hier fahren sie im Dutzend herum! Oben auf dem Hügel entdecken wir  ein herrchliches Hostel, mit Garten, Liegestühlen, die Einrichtung aus vollstem Holz geschnitzt. Wunderbar, aber leider vorerst kein Platz mehr frei. Sonst würden wir sofort umziehen. Hier wollen wir irgendwann nochmal her. 

An der Hauptstraße treffen wir zwei Deutsche. 
Sie kommt aus der Nähe vom Chiemsee, 
und verkauft jetzt  Sonnenöfen
 in Argentinien. Nett, mit Euch
 geplaudert zu haben! 
Trevelin wurde irgendwann 1850 herum 
von einem Waliser gegründet. Zwei Teestuben
 halten die Teezeremonie am Leben.  
Den Abend gestalten wir mit  weiterer Reise-Grobplanung: Wir wollen Patagonien demnächst verlassen, in Richtung Zentralargentien, genauer gesagt Mendoza. Danach weiter nach Buenos Aires an die Atlantikküste, dann zu angeblich ganz tollen Wasserfällen oben im Norden. Dazwischen vielleicht noch ein kurzer Flug nach Rio de Janeiro, eine Freundin von Doreen besuchen? Vorher gönnen wir uns auf jeden Fall eine Belohnung: paar Tage Zwischenstopp im idyllischen Villa de Angostura, ein beschauliches Örtchen rund fünf Bus-Stunden nördlich von Esquel. Mitten in den Bergen, aus lauter Holzhütten bestehend. Nicht sehr südamerikanisch, sondern eher touristisch. Und damit genau das, was wir jetzt brauchen. Abends noch schnell ein paar Emails geschrieben, so ist eine neue Bleibe flott gefunden. 
Du kannst während der Fahrt 
den Kopf aus dem Fenster
 halten und deppert grinsen…

"La Trochita": die Drei-Stunden-Zugfahrt 
mit einer alten Henschel-Dampflok 
zum kleinen Mapuche-Indianer-Dorf 
 Nahuel Pan lohnt.
Unser letzter Tag in Esquel wird nochmal richtig hübsch: Wir fahren Zug, genauer gesagt "La Trochita". Eine alte Schmalspur-Dampflok müht sich mit knarrenden Passagierwagons ab. Eine rund 400 Kilometer lange Zugverbindung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Transport von Schafwolle aus dem ländlichen Esquel in die industrialisierten Regionen im Norden gebaut. Heute fahren kaum noch Züge in Argentinien, aber der hier wird als Touristenattraktion Tag für Tag zweimal 20 Kilometer lang über schmale Gleise gescheucht. Und das ist toll. 

… oder die Fahrt genießen und sinnieren, 
wie sich die Menschen damals 
vor 65 Jahren gefühlt haben mögen. 
Wir schaukeln gemächlich durch die Landschaft; lassen das Holzfenster herunter; recken den Kopf ins Freie. Und du kannst hier tun, was im sicherheitsvernarrten Europa niemals mehr denkbar wäre. Du kannst während der  Fahrt den Waggon nach hinten heraus verlassen; stehst dann unter freiem Himmel auf der kaum gesicherten Waggonkupplung; und kannst dich so in Richtung Speisewagen hechten. Ich mache das natürlich nicht sofort; sondern halte mich am Geländer fest,  lasse mich seitlich ein bisschen ins Freie hängen, genieße den Fahrtwind; den fein perlenden Dampf und das "Tschufftschuff" der alten Henschel-Lok aus Deutschland. Drüben im Speisewagen bringt uns eine nette ältere Dame Kaffee, Kakao und Apfelkuchen, und wir genießen die Sicht auf die Umgebung und winkende Menschen unten auf der Straße. Schöner Abschied aus Esquel. Freue mich trotzdem auf lecker Frühstück in unserer nächsten Station: Villa de Angostura.
Gruß,  Richard

Schöne Umgebung, lecker Steak, herrliche Zugfahrt: Uns hat´s gefallen in Esquel! 













2 Kommentare:

  1. Jajajajajaja den Teil mit Rio finde ich besonders gut ;-))))) hoffe, wir sehen uns dort!!!
    Lg von "einer Freundin von Doreen" ;-). *lol*

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  2. Hi Richard und Doreen, mit so einem Zug mit Innen-Holzverkleidung und Gardinen an den Fenstern und einer Dampflok aus den 30ern bin ich täglich in den fünzigern Jahren in die Schule nach Erding gefahren..Nostalgie pur..toll

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