Mittwoch, 14. Dezember 2011

Richards Welt: eine Woche Heimat...








Herzlicher Empfang: Wir werden
begrüßt von einem Plakat, Luftballons
 und wundervollen Freunden.  


Doreen fehlt mir. Wir sind jetzt seit etwas über einer Woche zurück in der Heimat, und ich habe gerade die erste Nacht allein verbracht. Ungewohnt. Während unserer Weltreise waren Doreen und ich immer zusammen. Sie hat mich morgens ihre Wärme spüren lassen, wenn ich aufgewacht bin. Ein Jahr lang haben wir jeden Tag zusammen begrüßt. Auch in den ersten Tagen nach unserer Deutschland-Rückkehr bleibt das so. Wir dürfen die erste Woche im Haus von meinem Paps+ Mony verbringen, da meine eigene Bude unabkömmlich ist. Riesen Dank nochmal dafür an euch zwei! 
Unser neues Klingelschild:
 Symbol dafür,  dass Doreen und ich
 während der Weltreise zueinander
gefunden haben.
Natürlich auch an Ulrike, Dunja, Sabine, Alex und Marco für den unvergesslichen Empfang am Flughafen! 

Ist das wirklich erst eine knappe Woche her, dass wir auf dem Münchner Flughafen gelandet sind? Inzwischen ist meine Wohnung freigeworden. Überraschend früh, hatte eigentlich mit einem mindestens drei Wochen andauernden Asyl bei Familie und Freunden gerechnet. Doreen begleitet mich bei der Schlüsselübergabe, anschließend wagen wir Hand in Hand einen winzigen Schritt in Richtung Zukunft - wir bringen unser gemeinsames Namensschild an der Klingel und am Briefkasten an. Für andere mögen das nur ein paar kleine Buchstaben sein, für uns ist´s ein großes Symbol: Wir wollen zusammen sein, und wir wissen jetzt, dass wir das können. Immerhin haben wir während der Weltreise enorm viel über unsere Gefühle gelernt. Zumindest an einigen Tagen gelingt es mir jetzt, meine eigenen Stimmungen zu erkennen und zu beeinflussen. 

Unsere letzten Weltreise-Tage:  Bummel durch
Auckland, die einzige echte Metropole von
Neuseeland.

Ich habe zumindest Ansätze eines Gespürs dafür entwickelt, wann ich Doreen mit meinen Gedanken belasten darf; wann sie Kuscheleinheiten braucht; wann ich sie besser in Ruhe lasse. Also, wenn das nicht prima Voraussetzungen für eine glückliche Zeit zusammen sind? Eben.


Ace, du hier? Wen man so alles trifft
in Neuseeland...
Leider kann Doreen nicht bleiben. Gleich nachdem das Klingelschild hängt, verabschiedet sie sich und fährt für ein paar Tage zu ihrer Mutter in Richtung Schwarzwald. Ich bleibe allein zurück. Einerseits schön, in die eigenen vier Wände zurück zu kehren, die meine Interims-Mieterin Janette in einem so wundervollen Zustand an mich zurückgibt. Sollte ich mich nicht super fühlen bei dem Gedanken, dass ich in vertrautem Umfeld ein bisschen Zeit nur für mich genießen kann? Aber ich spüre Widersprüchliches in mir, fühle mich matschig und unwirklich, wie betäubt. Offenbar ist mein Kopf noch nicht vollständig in Deutschland angekommen; ich werde ein bisschen zittrig wegen der vielen Aufgaben, die in meinem Kopf um sich greifen wie dunkler Nebel: Muss Ämter besuchen. Klamotten aus dem Keller holen. Überflüssiges aussortieren, immerhin teilen wir uns bald einen Wohnraum, den ich früher für mich allein beanspruchen konnte. Ich mache mir berufliche Gedanken. Gleichzeitig beansprucht spießiger Kleinkram meine Aufmerksamkeit: Muss mit o2 und Alice reden, Telefon und Internet auf die Reihe kriegen. Muss den Nachsendeauftrag stornieren, damit Postalisches mich wieder erreicht. 
Das Auto finden wir vor einem herrlich
schrägen Straßencafé namens Sorogate.
Besuchstipp für jeden, der von
Coromandel nach Auckland fährt. 

Komisch eigentlich. Sollte es mir nicht Banane sein, ob ich heute, morgen oder erst übermorgen wieder Post kriege? Hab jetzt ein Jahr lang keinen einzigen Brief geöffnet, und hab ich was vermisst? Nicht die Spur. Aber das alte Leben, alte Gewohnheiten; der Drang informiert und integriert sein zu wollen: das alles holt mich schnell wieder ein. Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied: Spätestens seitdem ich den Alltag der Menschen in Asien kennenlernen durfte, ist mir durch und durch bewusst, wie hektisch und drängelnd das Dasein in Europa ist. Ich kann jetzt besser gegensteuern, suche mir zwischen allerlei Muss-Aufgaben ein paar lustbereitende Ablenkungen. In die Tiefgarage marschieren und mein Auto aus seiner Plane befreien, zum Beispiel. Ich hefte meine alten Kennzeichen an - hab mir vor einem Jahr meine schöne Ziffernkombo reserviert - und staune. Die Batterie steckt nach einem Jahr voll Saft, zieht den Anlasser problemlos durch. Danach fahre ich um die 100 Kilometer spazieren. Mein Auto macht mir immer noch Spaß.  

Aussortieren vor der Abreise:
Teller,  Adapter und vieles
anderes bleibt in Neuseeland.
Am nächsten Morgen, nach meiner ersten "einsamen" Nacht tue ich mich schwer, irgendwas an zu packen. Die "Queens of the Stone Age" lenken mich ab. Endlich wieder richtige Musik aus richtigen Lautsprechern hören. Fein. Jetzt erstmal Sharonfrucht schnibbeln, Haferflockern milchen und Bauernbrot schmieren. Herzhaftes Frühstück, klasse! Ist es wirklich schon über eine Woche her, dass wir nach Deutschland zurück gekehrt sind? 35 Stunden hat die Rückreise gedauert, mit umsteigen und allem. Gut 26 Stunden haben wir in Flugzeugen verbracht. Meine Gedanken schweifen zurück an Bord der Boeing 747, die uns von Auckland nach Hongkong getragen hat. Obwohl wir die ganze Zeit ganz hinten im Flieger sitzen, haben wir eine gute Zeit. Die Holzklasse in den Langstrecken-Fliegern im asiatischen Raum ist ausgestattet wie Luxuskabinen in den europäischen Fliegern. Na, jedenfalls fast. 

Impression vom Flughafen: Man beachte
die To-Do-Zeile beim Hongkong-Flug.
Meine Beine freuen sich über unerwartete Bewegungsfreiheit, und beim Essen haben wir die Wahl zwischen zweierlei Menüvarianten. Exotische Stewardessen versorgen uns mit Snacks und Getränken, und das Bordentertainment - meine Güte, ganz  großes Kino. Aus der Rückenlehne des in der Reihe vor mit Sitzenden schäle ich einen videospielähnlichen Controller und wühle mich durch ein aktuelles Kino- und TV-Programm. Weiß jetzt, dass ich mir "Thor" und "Fast Five" vielleicht nochmal auf Bluray anschaffen werde, "Planet der Affen" und "Green Latern" dagegen nicht. Kann sogar ein paar der Formel-1-Rennen gucken; die Saison habe ich in diesem Jahr fast komplett verpasst. Als ich mir kurz die Beine vertrete und meinen Blick durch den Korridor schweifen lasse, wird mir allerdings bewusst, wie still es im Flugzeug ist. 
Ein paar Minuten nach dem Start:
Letzter Blick auf die Nordinsel
von Neuseeland.
Wer nicht schläft,  fokussiert seine Sinne auf den flimmernden Bildschirm vor sich. Oder auf die Radio- und Musikberieselung aus den Kopfhörern. 
Ein paar Leute lesen, das sehe ich gern. Aber niemand spricht, unterhält sich, lernt vielleicht den Sitznachbarn kennen. Warum betrachten so viele Menschen lieber den Monitor als das wunderschöne Farbenspiel des Sonnenuntergangs draußen vor den Fenstern?

Essen, Kino, Videospiele,
Musik: Doreen liebt
das Fliegerleben.
Ich denke an die Weltreise zurück. Ist es wirklich erst anderthalb Wochen her, dass Doreen und ich uns in Rotorua wegen des überwältigenden Schwefelgestanks die Nase zuhalten mussten? Dass wir uns in die Dunkelheit der Nacht geduckt und nach dem Kiwi-Vogel Ausschau gehalten haben? Wollte ich nicht noch ein paar Zeilen über unsere letzten Wochen in Neuseeland schreiben, über unseren Besuch in Hobbingen zum Beispiel? 

Doch, da war was… 
Richard 




2 Kommentare:

  1. Ach mensch. Da hab ich ja glatt, bei den ersten paar Zeilen, Tränen in die Augen bekommen.

    Mann o Mann. wenn ich das so lese, hätte ich doch zum flughafen kommen sollen. Das stinkt mir fei jetzt schon gewaltig. Aber ich denke unser erstes Wiedersehen war auch spitze. Es wird für mich bzw. uns unvergesslich bleiben.

    Liebe Grüße Jutta mit Anhang

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  2. Ihr zwei!

    Willkommen zurück! Toll dass ihr uns habt teilhaben lassen an den tollen Erfahrungen, Gefühlen und Gedanken!!!

    Danke sehr!

    Liebe Grüße,
    Markus

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