Sonntag, 14. August 2011

Unser Haus im See

Als Kulisse für den Cheow-Lan-Stausee stellen
 sich hoch aufragende Kalkstein-Felsen
und dichte Regenwald-
Vegetation zur Verfügung.

Wäre ich ein Bösewicht aus einem James-Bond-Streifen, ich würde mein Hauptquartier woanders bauen als Scaramanga aus dem 007-Movie "Der Mann mit dem goldenen Colt". Wo genau Scaramanga und 007 zum goldenen Duell aufeinander getroffen sind, das erfährt unweigerlich jeder, der den Süden von Thailand bereist. Im touristisch erschlossenen Gebiet zwischen Phuket und Khao Lak stolpert der Blick ständig über das Schlagwort "James-Bond-Felsen". Dabei handelt es sich um einen Kalkstein-Phalus in der Bucht von Phang Gna, siehe Foto im letzten Blog. Er trägt seinen Namen, weil mit ihm als Blickfang - richtig geraten - Teile des "Goldenen Colt" gedreht wurden. Von den hiesigen Reise-Agenturen allzu gerne vermarktet wird das Steingut vermutlich wegen problemloser Erreichbarkeit und einer nicht wegzudiskutierenden Fotogenität. Bloß, wäre ich Scaramanga, Blofeld, Drax oder Goldfinger, ich würde mein Drahtzieher-Domizil eher im Nationalpark Khao Sok errichten. Das Gebiet liegt rund zwei Autostunden von Khao Lak entfernt. Hauptattraktion in dem rund 740 Quadrat-Kilometer umfassenden Regenwald-Areal ist ausgerechnet ein künstlicher See, der 1986 durch den Bau des Ratchaprapa-Damm entstandene Cheow-Lan-Stausee. 

Es gibt sieben schwimmende
Dörfer im Stausee.
Das hier ist unseres.
Der See mag meinetwegen wider die Natur sein, schlägt in Sachen Schönheit aber selbst die Phang-Gna-Bucht. Stell dir einen Bergsee vor, eingerahmt von skurrilen Kalkstein-Formationen; herrlich grünen Dschungeln; hunderten kleinen Fjorden und Buchten. Mitten im See halten etliche winzige Inseln ihr Köpfchen nur ganz knapp über dem Wasser. Aus der Zeit vor der Flutung flüstern einige kahl und blass aus dem Wasser ragende Holzartefakte, die einst stolze Laubbäume gewesen sein mögen. In diesem Gebiet also dürfen wir zwei großartige und erlebnisreiche Tage verbringen, gut organisiert vom Team von Discovery Khao Lak Land. Ein Longtail-Boot bringt uns zu einem auf dem Wasser treibenden Steg, der mit rund zwei Dutzend schwimmenden Bambushütten vertäut ist. Nichts davon liegt auf Grund. Die komplette Konstruktion ist schwimmend ausgelegt und hält nur deshalb ihre Position, weil sie über Taue und Stege mit zwei kleinen Inseln links und rechts verankert wird. 

Unser Haus ganz links im See.
Wir bekommen die Bambushütte ganz am Rand. Ein ganz einfaches Hütterl, mit Bambusrohren als Schwimmkörpern und tragenden Elementen, dazwischen ein paar Wände aus geflochtenen Bambusblättern. Dazu eine Tür, ein Fenster, Strom nur von 18 bis 23 Uhr; das reicht zum Glücklichsein, zumindest für einen überschaubaren Zeitraum. Doreen und ich, wir hüpfen direkt von der Tür ins Wasser; aalen uns in der Sonne, und schwimmen raus zu einem treibenden Baumstamm, der außerdem einem halben Dutzend holländischer Kinder als Spielplatz dient. Sonst ist niemand zu sehen weit und breit.
Toller Kajakausflug. Immer nahe
am Ufer entlang, dann gibt´s
auch was zu sehen.
Von hier aus erkunden wir per Longtail-Boot die Gegend und brechen zu einer spannenden Safari im Tourenkajak auf. Doreen und ich gemeinsam im Zweier, unser thailändischer Reiseführer Charin im Einer. Er zeigt uns den Weg durch´s Schilf, will uns die Flora und Fauna näher bringen. Turnende Affen kriegen wir zwar keine zu sehen, aber dafür hoch fliegende Adler, im Wasser treibende Schnecken und viel herrliches grünes Dickicht. Am meisten beeindruckt mich die Ruhe. Manchmal lassen wir uns einfach treiben und lauschen der Stille oder den Geräuschen des Urwalds. Keine Musik, keine Motoren, kein Gequatsche. Nur ab und zu ein summen, sirren, zirpen, heulen, rufen aus dem Urwald.

Thais stellen gerne mehrere Gerichte
auf den Tisch. Die teilen sich dann
alle Anwesenden. Gute Idee. 
Herrlich, so eine Kajaksafari, vor allem nachdem Doreen und ich uns auf abwechselndes Rudern verständigt hatten. Einer bemüht sich per Doppelpaddel um Vorwärts-, Rückwärts- und Dreh-Bewegung, der andere darf gucken. Ich mag ja beides, auch das paddeln. Hat mich angemacht, als ich den Dreh raus hatte und richtig Tempo machen konnte. Außerdem mag ich die Strudel, die das Paddelblatt beim kräftigen Durchziehen im Wasser verursacht. Nenn mich kindsch, aber so bin ich halt. Nun sind Doreen und ich Anfänger, was die Padelei betrifft. Ist eine anstrengende Sache. Deshalb ist die Erleichterung groß, als wir nach drei Stunden Ruderei wieder zurück zur unserem Hütterl finden. 

Charin zeigt, wie man Feuer in
einem Baum legt und dadurch
Öl gewinnt...
Khao Sok ist von Urwald
durchdrungen. Doreen, Charin
 und ich wandern. Siehe Video.
Schwüle, Wellen und etwas Unwohlsein ob der zweifelhaften Matratzen-Hygiene bewirken freilich einen unruhigen Schlaf. So kommt´s, dass ich gegen vier Uhr die Hütte verlasse und einen Sternenhimmel bestaune - ein Himmelszelt von einer Klarheit, wie ich sie in Deutschland noch nie erlebt habe. Am nächsten Morgen brechen wir gemeinsam mit Charin zu einer kleinen Wanderung auf. Sie führt uns durch den Regenwald nach rund einer Stunde zu einem versteckt liegenden See. Der heißt "500 rai", nach einem thailändischen Flächenmaß. Hier stoßen wir auf ein weiteres schwimmendes Dorf der Parkwächter; steigen auf ein Bambusfloß um; und erreichen eine erst kürzlich entdeckte Tropfsteinhöhle. Faszinierend daran finde ich allein schon die Tatsache, dass die Steinkammer so unerschlossen ist. Keine aus Beton gegossenen Treppen; keine Stromleitungen; keine Sicherheits-Maßnahmen. 

Die Tropfstein-Höhle am
500-Rai-See steckt voller
faszinierender Kalzit-Formationen.
Stattdessen haben wir nur einen Akku und eine daran angeklemmte Neonfunzel dabei, um die Dunkelheit zu vertreiben und einen Weg über den glitschigen Boden zu finden. Im schmalen Lichtkegel wirkt all das umso geheimnisvoller, was wir zu sehen bekommen. Wasser, Kalzit und Zeit haben über die Jahrmillionen eine unfassbare Vielfalt von Farben und Formen hervorgebracht. Stalaktiten, die sich wie riesige Röhren und Kegel aus der Decke stülpen und dem Boden entgegen streben; die an einigen Stellen verwachsen und dabei einen Vorhang bilden, in Wellen den Raum ausfüllen. Stalagmiten, die wie ein Riesenpilz auf dem Boden wachsen und dabei im Detail Strukturen bilden, die wie hunderte Elefantenköpfe aussehen. Für mich sind sie das Sahnehäubchen auf einem unvergesslichen Ausflug. Auf ihn folgt freilich unweigerlich der Alltag. Ja, auch sowas gibt es in Thailand. Mehr darüber im nächsten Blog.

Ich paddel dann mal weiter, 
Richard 


1 Kommentar:

  1. Na dann wünsch ich euch mal viel Spass beim Paddeln, und doch noch ein paar ruhigere Nächte bei den unhygienischen Matratzen.Topfsteinhöhlen habe ich ja auch schon einige gesehen, aber garantiert mit mehr Sicherheitsvorkehrungen. So was kann man sich hier gar nicht mehr vorstellen.

    Liebe Grüße Jutta mit Anhang.

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