Samstag, 5. März 2011

Doreen im Paradies



Wer den Vogel findet, darf ihn
behalten.
Vorgestern habe ich meinen ersten Kolibri gesehen. Diese exotischen Vögel kenne ich bisher nur aus den Regenwald-Dokus auf dem Discovery-Channel. Winzig sind sie, bunt wie ein Regenbogen, schlagen die Flügel schnell wie eine Wespe, huschen hin und her wie eine Mücke. Können in der Luft "parkend" mit ihrem spitzen Schnabel aus einem Blumenkelch Nektar trinken - zack und hopp, weiter sind sie, an der nächsten Blüte. Das emsige Wesen hab ich direkt vor der Tür unseres Hostels in unserer neuen Bleibe entdeckt: Puerto Iguazu, so weit nördlich in Argentinien, wie es nur geht. Liegt im Dreiländerdeck angrenzend an Brasilien, Paraguay; da wo der Rio Iguazu in den Rio Parana mündet. Die Tatsache wird übrigens durch eine kleine Parkanlage mit Grenzstein etc. recht hübsch illustriert. Nur deshalb fahren ein paar Südamerikaner her, auch ein paar Touristen. Obwohl es außer dem Stein bloß die Flaggen der benachbarten Nationen zu sehen gibt; plus ein paar Shops mit den üblichen Schnitzereien bzw. Mitbringseln, die mancher den Daheimgebliebenen gern als Geschenk mitbringt.

Iguazu ist am gleichnamigen Rio
gelegen. Die Stadt selbst siehst aus
wie viele Kleinstädte in Argentinien,
Esquel zum Beispiel.
Daher kein extra Bild. 
Die meisten Menschen sind aber wegen des Nationalpark Iguazu hier. Sie wollen die "Cataratas" sehen: mehr Naturwunder als Wasserfälle. Iguazu ist um diese Schauspiel herum entstanden. Als eher kleines Nest, das zu geschätzten 70 Prozent aus Hostels, Hotels, Supermärkten und Restaurants besteht. Alles nur für die Reisenden. Uns zum Beispiel. Mit unserem Zimmer hier haben wir finanziell betrachtet einen Glücksgriff getan. 150 Pesos pro Nacht, rund 30 Euro. Andere hier kosten eher das Doppelte. Bieten dafür aber vermutlich etwas mehr Frühstück und Reinlichkeit, dafür weniger Wandschimmel und Ameisenstraße in der Küche; vielleicht auch keine Eidechsen, die sich beim Abendessen im Speiseraum die Wand hinunter schlängeln. Ist halt Südamerika hier, und  außerdem Regenwald. Schmutz, Tiere und knüppelharte Hitze sind also inbegriffen.  


Den Tag nach der Ankunft aus Buenos Aires haben wir für einen kleinen Spaziergang an das Dreiländer-Eck genutzt. Gestern dann waren wir im Nationalpark. Den Park stellt man sich am besten als eine Anlage von vielleicht 15 mal 15 Kilometern Größe vor, mitten im Regenwald. Die Hauptgebäude und Restaurants sind super ausgebaut, ich fühle mich fast wie in einem Achterbahnpark in Europa. Aber dazwischen ist alles naturbelassen. Es gibt eine kleine Eisenbahn und ein paar Pfade, die dich an die Wasserfälle heranführen; und ein paar Wanderwege durch den Dschungel. 

Der Weg durch den Dschungel...
Für mich wird ein Traum wahr:
baden in der Lagune, und mir
einen Wasserfall auf den
Kopf prasseln lassen. 
Einen davon probieren wir aus. Es braucht ein bisschen Überwindung, denn man hat ja schließlich viel von den vielen giftigen und/oder gefährlichen Tieren im Regenwald gehört. Im Park wird man durch Warntafeln und Handzettel immer wieder darauf hingewiesen, dass man Schlangen am besten ignoriert; dass Affen agressiv werden können; und dass Jaguare - sollte sich einer zeigen - am besten durch Winken mit den Armen zu verscheuchen sind. Wir werden von einem Parkwächter noch mit einem "das hier ist die letzte Parkstation mit Toilette, danach ist Dschungel" verabschiedet; und ziehen mit einem etwas mulmigen Gefühl in den Wald hinein. Langer Rede kurzer Sinn: zwei Stunden lang ist gar nichts passiert; wir haben ein paar Schmetterlinge gesehen, ein paar unfassbar große Termiten, und sonst sehr wenig. Aber am Ziel haben wir eine wundervoll gelegene Lagune erreicht, direkt unter einem kleinen Wasserfall gelegen. Alles in einem kleinen Felskessel, von hohen Steilwänden und dichtem Büschen und Lianen und Palmen umgeben; das Sonnenlicht in dem grünen Wasser schimmernd. Ein Bild für Götter, zumal Doreen und ich die Lagune die meiste Zeit nur für uns hatten. Wir sind durch das Wasser gewatet; in den Wasserfall geklettert; Doreen (Klick für Video) hat ein paar Schwimmzüge gemacht; danach haben wir die Eindrücke bei einem kleinen Sonnenbad auf einem Fels verarbeitet. Und sind wir weiter gezogen.

Doreen und ich, fast allein
in der Lagune... 
Stege führen an den Abgrund heran,
so dass man sehr, sehr nah an die
 Wasserfälle heran kommt. 
Die Wasserfälle sind so lieb, und lassen
ab und zu ein paar Wasserwolken
zu den Besuchern treiben.
Nämlich zu den Cataratas (klick für Karte). Die Fälle kündigen sich bereits aus der Entfernung durch lautes Rauschen an. Stege über den Rio Iguazu bringen dich sicher dorthin, da wo der Strom nach unten stürzt. Und was dort dann abgeht; wie gewaltig das aussieht, wenn sich unfassbare Wassermassen auf mehreren hundert Metern Breite in den Schlund wuchten, wo der Grund wegen des allgegenwärtigen Wassernebels oft nicht zu erahnen ist; das lässt sich in Worten schwer beschreiben. Du stehst da; nimmst die dich umgebenden Touristen kaum mehr wahr; und bist ergriffen von diesen Naturgewalt, dieser Kraft und dieser Schönheit. Erst nach und nach nimmst du Details wahr. Zum Beispiel, dass ab und zu Nebelmassen aus der Tiefe heraufsteigen; sich auf Betrachterhöhe zu einer Wolke verdicken und über die Zuschauer ergießen. Eine herrliche Erfrischung, in die sich Doreen übrigens total verknallt hat. Außerdem werden die Wassermassen des Rio Iguazu an einigen Stellen durch schmale Basaltplatten getrennt, bevor sie sich in den Abgrund stürzen. Die Cataratas, das ist also nicht ein großer, sondern das sind mehrere kleine Wasserfälle. Jeder hat seinen eigenen Namen und seine spezielle Charakteristik. Manche lassen das Wasser brachial zerstäuben, andere fein hinabfließen, weitere bestechen durch das herrlich frisch aussehende Gras, das der rohen Wasserkraft trotz und sich mittendrin am Fels verwurzelt. Wunderschön. Siehe Video.

Es gibt eine Reihe Wege zu den verschiedenen
Wasserfällen. Einer davon führt
von unten bis fast an einen Fall heran.
Du wirst nass und bist glücklich. 
An einigen Stellen wirken die Fälle
fast zahm, woanders nur roh
und brutal. So wie hier. 


Abends sind wir völlig kaputt vom langen Tag ins Bett gefallen. Dann haben uns allerdings Sambatrommeln aus der Ruhe gerissen. Iguazu mag klein sein, aber Carnaval feiern die Menschen hier trotzdem. Also sind wir gegen 1 Uhr noch mal um die Häuser gezogen und haben die hiesigen beim feiern beobachtet. Dass musst du einfach sehen, wenn Gruppen von Sambatrommlern ihre begeisternden
Rythmen abfeuern und sich im Wiegeschritt langsam vorwärts tasten; und davor und dahinter Typen und Mädels allen Alters in teils irre bunten, teils sehr textilarmen Kostümen dazu die Hüften kreisen lassen. Bei dem Festzug machen schon die Kleinsten mit, und einige davon tanzen mit einem Taktgefühl, einer Freude und einer Ausdauer, das glaubst du nicht. Rundherum versammeln sich jung und alt dazu an der Straße und genießen das Spektakel teils in Ruhe, teils wippen sie mit. Genau wie Doreen und ich. Geht übrigens alles ziemlich ohne Besäufnis ab. Die haben den Carnaval hier eben auch so im Blut.  Find ich schön.

Schönen Gruß aus Iguazu, Richard 

2 Kommentare:

  1. ...tja, wir müssen noch ein paar Wochen oder Monate warten, bis wir auch im Freien duschen können...da seid ihr uns auch voraus...

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  2. Hach. Einfach nur herrlich. Und verdammt hübsche, Bilder ... vor allem das letzte : )

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