Samstag, 15. Oktober 2011

Oh diese Farben: Lichtfest in Luang Prabang (mit Video!)






Also wenn die Laoten feiern, dann fühlt sich das an wie Karneval und Silvester an einem Tag. An diesem Abend versammeln sich tausende Menschen aus Luang Prabang, dazu etliche hundert Touristen in der Hauptstraße beim Markt. Doreen und ich, wir sind mittendrin.
Ein Feuerspucker zeigt
vollen Einsatz.
 Gemeinsam mit den anderen betrachten wir mit glänzenden Augen das, was sich vor unser aller Augen abspielt: "Boun Ok Phansa", so nennen die Laoten hier in Luang Prabang eines ihrer größten Feste. Boun Ok Phansa verteilt sich auf zwei Tage, und beginnt mit dem Morgen der ersten Vollmondnacht im Oktober. Dieser erste Tag ist eher durch religiöse Zeremonien geprägt, siehe letzter Blogeintrag. Den zweiten Tag nennen die Hiesigen "Lei Nüa Fei" oder so ähnlich. Das heißt soviel wie "Bootfest". Andere Quellen sagen auch "Lichtfest" dazu. Egal, beides passt. Auf jeden Fall feiert das Volk. Wer wissen will, wie das in Bewegung ausschaut: Doreen und ich, wir hätten da  eine kleine Videocollage  vorbereitet. Einfach klicken.   

Eines der Boote auf dem Weg
zum Mekong.



 Das irgendwas Besonderes in der Luft liegt, das merke ich seit einigen Tagen. Die Menschen schmücken die Vordächer ihrer Hütten mit bunten Lampions und hängen bunte Sterne an die Bäume. Neulich sehe ich ein paar Leute vor einer Tempelmauer stehen. Sie bestaunen ein facettenreich schimmerndes Falt-Flugzeug aus Transparenzpapier, das einer der Mönche dort an den Ast eines alten Baumes hängt. In allen Straßen der Stadt hörst du ein fleißiges sägen, bohren und hämmern. 
Die Mönche betrachten das
Treiben auf der Straße von
ihren Tempeln aus. 

Aus Bambusrohren, Bananenblättern und Kerzen entstehen überall Boote und Schifferl. Einige sind nur Attrape, ein Zierrat für den Garten, so wie manche bei uns  sich einen Gartenzwerg in den Rasen stellen. Andere sind bis zu vier oder fünf Meter lang; scheinbar schwimmfähig und einem höheren Zweck vorbehalten. Welchem?

  

Am späten Abend treiben hunderte
kleine Boote mit Kerzen und
Räucherstäbchen über den Mekong.



 Naja, am zweiten Abend nach dem Oktober-Vollmond schieben die Menschen die größeren Boots-Exemplare auf Anhängern durch die Straße. Was für prächtige Kunstwerke sind darunter! 
Voller Farben und Kerzen, umringt von ausgelassenen Laoten. So ein Boot, das kommt mir vor wie einer dieser aufwändig aufgebauten Wagen beim Kölner Karnevals-Umzug. Da steckt der ganze Stolz, und das ganze Können ihrer Erbauer drin. Das wird von Tänzern und Trommlern und Feuerwerk begleitet. Mädchen in wundervollen asiatischen Trachten lächeln dazu; aufgeputschte Trommler hauen auf leere Farbeimer ein;  kleine Kinder springen und zünden Böller. Also, bei mir schindet das richtig Eindruck. So viele Farben, so viel Leben, so viel Asienexotik auf einem Fleck: ich bin dankbar, das ich das erleben darf!  Mich begeistert der Einfallsreichtum der Leute, der mitreißenden Musik, die ganze Atmosphäre drumherum. 

Der Wat Xiengthong: Hier treffen
sich alle Menschen und brechen
gemeinsam zum Mekong auf.




Noch mehr mag ich aber die eher kleinen, feinen Momente. Beispielsweise wenn einige Menschen am Straßenrand wundervolle Heißluft-Lampions in den Himmel steigen lassen. 
Diese kleinen Lampions
schweben tatsächlich.
Sieht wunderschön aus.
Die Lampions sind aus Reispapier gemacht, fast so groß wie Benzinfass, aber filigran und federleicht wie ein Kolibri. Mit einem kleinen Ölfeuer als darunter aufgehängte Hitzequelle flackern sie rot und gelb, steigen hoch und höher, sind irgendwann kaum  von den Sternen zu unterscheiden. Das sowas einfach Gebautes so hoch schweben kann! Inzwischen bewegen sich die Boote und ihre Erbauer unverdrossen dem Etappenziel entgegen: nach Osten in Richtung Wat Xiengthong, zur größten und bedeutendsten Tempelanlage von Luang Prabang. Liegt nicht weit weg von der Mündung des Nam-Khan-Fluß in den größeren Mekong. 
 Hier treffen sich alle wieder. Die Bootsbauer schultern ihre Werke; und brechen in Begleitung der jolenden Menge in Richtung Mekong auf. Dort werden die Boote ausgesetzt. Sie sollen den Strom hinabtreiben und dabei die Sorgen der Menschen mit sich nehmen, so sagen am Mekong lebenden Menschen. 


Doreen mit unserem
kleinen Mekong-
Sorgen-weg-Floß. 


 Die einzige, nahegelegene Treppe runter zum Fluß misst vielleicht 20 Meter in der Breite. Es herrscht ein riesiges Gedränge, aber kein Schubsen und Drängeln. Hatte ich erwähnt, dass die Feier fast ganz ohne Trinkexzesse, Betrunkene und Alkoholleichen auskommt? Einzig vor den Böllern haben Doreen und ich Respekt; versuchen sie zu umtanzen. Denn einige davon sind echt heftig, ich spüre nach der Explosion deutlich die Luftdruckveränderung am Körper. Aber das nur nebenbei. Jedenfalls, jeder will runter zum Wasser und dort das Farbenspiel auf der Oberfläche des Mekong genießen. Die meisten möchten außerdem ihre eigenen Sorgen wassern - denn an diesem Abend lerne ich noch einen weiteren laotischen Brauch kennen: Fast jeder in unserer Nähe trägt ein winzig kleines, vielleicht handtellergroßes Schiffchen oder Flößchen auf Händen. Manche sind aus Bananenblättern oder Papier geflochten, bei anderen sind schöne Girlanden um einen Styroporkern geschlungen. All das ist geschmückt mit Blumen, Zeichnungen, Kerzen oder Räucherstäbchen. Gibt´s am Straßenrand zu kaufen. Doreen und ich, wir haben uns auch eines besorgt. Das setzen wir in den Mekong; laden ihm unsere Sorgen auf; und lassen es ziehen. Ob wir uns damit ein bisschen ein größeres Stück vom Glück sichern? 


Schön wär´s schon, 
Richard


P.S.: Laotisches Detail am Rande: Wenn du dich in Luang Prabang festfein machst und deshalb zum Friseur gehst, zeigt der Schermeister dir am Ende nicht deinen Hinterkopf im Kosmetikspiegel; sondern die Schweinereien aus Deinem Gehörgang. Ohrreinigung innen und außen ist hier inklusive.  

1 Kommentar:

  1. Das video war wiedermal einfach nur beeindruckend. Tja können wir uns Karnevalsumzüge ohne Alkohol überhaupt vorstellen? Ich denk mal die meisten eher nicht. wobei ich mich zu den wenigen zähle die das nicht nötig haben, sowie die hier in Laos feiern. Und spass haben ganz ohne alkoholpegel.
    Das mit der Ohrreinigung beim Friseur. da muss ja voll eklig gewesen sein.

    liebe Grüße Jutta

    AntwortenLöschen