Mittwoch, 13. April 2011

Auf den Spuren der Inkas

Cusco liegt im "Heiligen Tal", 
war die Hauptstadt der alten Inkas. 
Dann kamen die Spanier…


Wir haben die sagenumwobene Inka-Ruine Machupicchu erreicht. Zumindest stehen wir am Tor davor. Doreen und ich sind nämlich vor einigen Tagen in Cusco angekommen. Die Stadt liegt auf der Hochebene in den Anden. Mehr Peru geht eigentlich nicht. Wer Machupicchu besuchen möchte, kommt um Cusco nicht herum. Die 320.000-Einwohner-Enklave liegt am Weg und ist historisch eng mit Machupicchu und all den anderen Inka-Relikten hier in der Gegend - im sogenannten "Heiligen Tal" - verbunden. Cusco hatte zu den Glanzzeiten der Inkas, also im 15. und 16. Jahrhundert, für Südamerika eine ähnliche Bedeutung  wie Rom vor 2000 Jahren für Europa. Von Cusco aus hat der oberste Inka sein Imperium regiert. Sprich Peru und große Teile von Argentinien, Chile, Kolumbien und Paraguay. 

Die Straßen von Cusco: 
im Zentrum schön restauriert, 
außenrum teils schäbig, 
aber immerhin sauber!  
Besuch auf dem Markt: 
Für einen Sol, rund 25 Cent,
 gönnen wir uns eine 
Portion "Papas Fritas".

Wie viele Südamerikaner, 
tanzen und feiern auch die 
Peruaner gerne. Das sieht dann so aus…  
Tja, und jetzt sind wir also hier. Erster Eindruck, während unser luxuriöser Cruz-del-Sur-Nachtbus frühmorgens um sieben Uhr die Außenbezirke passiert: naja, sieht recht verkommen aus. Speziell die Baracken in der Gegend um den Busbahnhof, meine Güte! Aber ein Taxi trägt uns in das alte Zentrum der Stadt. Da wo früher die Inka-Paläste standen, und wo heute eine Reihe aus grobem Granit gebaute Kathedralen Eindruck schinden. Genau hier macht sich unser Hostel "Ecopackers" in einem alten viktorianischen Bau mit idyllischem Innenhof breit. Sieht hübsch aus, nettes Personal auch. Aber leider alle Räume ungeheizt. Und das in einer Stadt, die 3.400 Meter über Meereshöhe liegt. Bei nachts vielleicht fünf Grad Außentemperatur. In den Räumen fühlt sich das sogar nach eher noch weniger an, weil wirklich nichts beheizt wird - nichtmal Bäder, Küche oder Gemeinschaftsbereiche. Und so zittern Doreen und ich uns durch die ersten paar Stunden; am Nachmittag lasse ich mir draußen auf der Straße von einer fliegenden Händlerin in hübsch traditionell-bunter Kleidung einen angeblich handgestrickten Schal aus angeblicher Alpaca-Wolle aufschwatzen. Nun, das Teil hält jedenfalls warm. Mehr erwarte ich gar nicht für 30 Sol, rund acht Euro. 

Ich hatte erwähnt, dass der Mittelpunkt von Cusco - natürlich der "Plaza de Armas", wie in fast jeder Stadt Südamerikas -  auf 3.400 Meter liegt? Da fällt mir das Stichwort Höhenkrankheit ein. Der Mensch ist bekanntlich einen gewissen Sauerstoffgehalt in der Luft gewohnt. Und der nimmt, wenn ich das richtig im Kopf habe, pro 1000 Meter über Meereshöhe um fünf Prozent ab. Soll heißen, in Cusco erfasst meine Lunge pro Schnaufer rund 15 Prozent weniger Sauerstoff als daheim in München. Logisch, dass  ich daher nicht nur mit der Kälte im Hostel zu kämpfen habe, sondern außerdem mit elenden Kopfschmerzen und allgemeiner Mattigkeit. Dabei geht´s mir noch vergleichsweise prima. Doreen liegt wegen Durchfall, Übelkeit und hohem Fieber einen Tag lang total flach. Und andere Gäste unseres Hostel berichten von ernster Atemnot; wegen einem Gast kommt sogar der Arzt zum Hausbesuch. Merke: Höhenkrankheit nie unterschätzen! 

Der "Plaza de Armas" bildet den 
Mittelpunkt von Cusco.
Wen man so alles trifft bei einer 
Wanderung um Cusco herum... Bäuerin
in traditioneller Kleidung.
All das ist aber schnell vergessen, sobald ich mich ein bisschen unter das Volk mische; durch ein paar wunderschön restaurierte Straßen schlendere; und mit Doreen zusammen den Plaza de Armas aufsuche. Wir betreten ein Café im ersten Stock einer alten spanischen Villa und nehmen auf einem wunderschönen alten Holzbalkon Platz. Von hier aus könnten wir das Treiben unten auf dem Platz stundenlang betrachten. Schauen zu, wie unzählige Touristen aus aller Herren Länder flanieren; mit sündhaft teuren Fotoapparaten auf Motivfang gehen; und sich vergeblich bemühen, den fliegenden Verkäufern von Bildern, Schmuck und Tand aus dem Weg zu gehen. Weniger touristisch, dafür sehr südamerikanisch geht´s ein paar Blocks abseits zu. Da, wo das Volk lebt und zum Beispiel seine Einkäufe auf dem Markt erledigt. Hier preisen alte Marktweiber Kräuter und Kartoffeln in den mannigfaltigsten Ausführungen an. Ich kaufe einer runzligen Bäuerin drei Bananen und eine Gurke für 50 Cent ab, und erhalte in der Panaderia für ganze 25 Cent vier richtig lecker Semmeln und ein Plätzchen (!). Außerdem schlendere ich an unzähligen Essständen vorbei, wo sich um die Mittagszeit halb Cusco was Nahrhaftes einzuwerfen scheint. Im Tausch gegen vier bis zehn Sol - umgerechnet ein bis zweieinhalb Euro - erhält man hier alle möglichen Gemüse-, Fleisch- und Fischgerichte in Riesenportionen. Allerdings traue ich den durchwegs ungekühlt lagernden Fleischwaren eher Salmonellen als Nährwert zu. Auf allzu kühne Essexperimente lasse ich mich lieber nicht ein; mein Magen rebelliert eh schon seit einigen Tagen. Es bleibt bei einer Portion handgeschnitzter Pommes. 

Manch moderner Tourist nutzt die alten
Schutzhöhlen der Inkas für "kleine  
Geschäfte". Darum: schnell rein 
und wieder raus!
Wie es sich für eine Festung gehört, 
klotzt Sacsayhuaman mit Mauern
 aus ordentlich Granit, jawoll! 
Einen anderen Tag nutzen Doreen und ich für eine kleine Wanderung. Unser Ziel: Sacsayhuaman, eine der größten und bedeutendsten Inka-Ruinen in Peru. Liegt zwei Kilometer außerhalb von Cusco, und natürlich nicht im Tal, sondern oben am Berg. Ist also trotz der kurzen Entfernung ein schönes Geschnaufe. Ernste Atemnot kommt aber erst auf, als man uns am Tor pro Nase sage und schreibe 130 Sol - über 30 Euro - Eintritt abknöpfen will. Sicher, in dem Preisgeld ist dann auch der Zugang für viele weitere Inka-Stätten nahe Cusco enthalten. Trotzdem, merke: in Peru ist vieles billig, aber für historische Attraktionen rupfen sie dich wie die Weihnachtsgans. Machupicchu bildet, was Beutelschneiderei betrifft, übrigens den Höhepunkt. Siehe nächster Blog. 

Von hoch oben über die Anden 
blicken und traditioneller Musik lauschen: 
da weißt du, dass sich die Mühen  
einer Weltreise lohnen! 
Der Thron des obersten Inka: 
auch heute noch ein gemütlicher Platz,
gell, Doreen?
Trotzdem, die Wanderung nach Sacsayhuaman und in das Gebiet drumherum ist jeden neuperuanischen Sol wert. Die Ruinen erstrecken sich über ein Gebiet, für das ich einmal quer durch eine halbe Stunde benötige. Vorbei an Mauern aus meterdicken Granitsteinen, angeblich bis zu 120 Tonnen schwer. Jeder einzelne Fels so exakt zugehauen, dass er bündig mit seinen Nachbarn abschließt. Braucht keinen Mörtel. Mittendrin eine Arena und ein Thron aus Granit, bei dem ich mir gut vorstellen kann, wie hier vor 500 bis 600 Jahren der oberste Inka Platz genommen und die Opferzeremonien seines Volkes abgewunken hat. Woanders klettern Doreen und ich durch Höhlen, in denen  die Menschen damals vor Sturm und Regen Schutz gesucht haben. Der Weg führt uns weiter, durch ein betuliches Dorf und eine Opferstätte der Inkas; er bringt uns zu einem kleinen Hügel, wo ein fröhlicher Musikant auf andinen Instrumenten - einer Quenaflöte und einer traditionellen Gitarre, deren Name mir entfallen ist - Weisen von sich gibt. Hören und sehen wollen? Bitte hier klicken! Und während also der Mann so vor sich hin schunkelt, blicken Doreen und ich von der Anhöhe hinunter in das Tal, wo Cusco liegt. Von unten dringt das für südamerikanische Städte typische Potpourri aus Motoren- und Musiklärm bis zu uns nach oben. Am Horizont vervollkommnet eine wundervoll sanft geschwungene Bergkette ein Gefühl irgendwo zwischen Fremde und Wohlgefühl. Das alles hier sieht so anders aus als bei uns, wirkt zugleich aber vertraut und einladend auf mich. Und ich glaube, auch auf Doreen. 

Demnächst in diesem Blog: unsere Reise nach Machupicchu. 


Bis dahin, alter Inkagruß,
Richard 


1 Kommentar:

  1. Kann ich gut verstehen das du das Fleisch das sie dort frei verkaufen nicht genommen hast. Hätte ich genauso gemacht.
    Hoffe der Doreen geht es wieder besser.
    Liebe Grüße Jutta

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