Die Natur von Neuseeland erschlägt dich mit wunderschönen Aussichtspunkten. |
Neuseeland. Die letzte Etappe unserer Weltreise. Wir sind da. Dabei hing unser Ankommen zuletzt ein bisschen in der Luft, drohte sogar ins Wasser zu fallen. Nämlich wegen des Hochwassers in und um Bangkok. Würde der Chao-Phraya-Fluß die Gegend um den internationalen Flughafen Suvarnabhumi unter Wasser setzen und der Flugbetrieb eingestellt? Nahrung erhalten solche Gedanken während unserer Fahrt im Minibus von Siem Reap nach Bangkok. Zum ersten Mal während unseres Aufenthalts in Südostasien haben wir ernsthaften Kontakt mit Landunter in Thailand. Die Straßen östlich von Bangkok stehen teils so sehr unter Wasser, dass Asphalt und Felder zu einer spiegelnden Fläche verschmelzen. Es ist, als führen wir durch einen See. An manchen Stellen ragen Häuser oder Palmen aus der funkelnden Fläche empor. Unser Kleinbus kämpft sich tapfer durch knietiefes Wasser; er pflügt eine Schneise durch die Fluten, treibt eine Bugwelle vor sich her. In mir keimt ein bisschen Angst bei dem Gedanken, dass Wasser in den Ansaugtrakt geraten und die Fuhre absaufen würde mitten in dieser riesigen Fläche. Aber Daumendrücken hilft. Letzten Endes kommen wir gut an.
Der Süden von Neuseeland: eine einzige Schafweide. |
Sattes Grün. Grau in allen Schattierungen: die vorherrschenden Farbtöne in Neuseeland. |
Doreen und ich, wir gönnen uns für eine letzte Nacht eine schöne Bleibe in Bangkok, und fahren am nächsten Morgen voller Zuversicht zum Flughafen. Jetzt kann uns nur noch die zeitweise Stilllegung der gesamten Quantas-Flotte einen Strich durch die Weiterreise machen, von der ich irgendwo eine Schlagzeile mitbekommen habe. Wieso muss eigentlich das Bodenpersonal genau jener Fluglinie streiken, die unsere Weiterreise arrangieren soll? Aber wir haben Glück. Ein paar Stunden vor unserem Start nehmen die Unzufriedenen ihre Arbeit wieder auf. Unsere Boeing 747 ist eines der ersten Flugzeuge, das nach wochenlangen Zwistigkeiten abhebt. Und so kommen wir pünktlich in Queenstown an.
Zwischenstopp in Dunedin, inkl. Besuch des vielleicht weltschönsten Bahnhofs. |
Allein mit der Natur: ganz normal in den Catlins, zumindest während der Nebensaison. |
Knapp 20.000 Menschen leben hier, dennoch zählt Queenstown zu den größten Städten auf der Südinsel von Neuseeland. Von hier aus wollen wir uns in den kommenden vier Wochen zur Nordinsel hochkämpfen. Dort blicken wir Anfang Dezember tapfer dem Finale unserer Weltreise ins Auge. Schnüff! Der Neuseeland-gemäße Anflug vertreibt jeden melancholischen Gedanken im Nu. Unser Flieger schwebt minutenlang durch einen Canyon ein, links und rechts sehe ich viel Grün, aber auch schneebedeckte Gipfel. Sind wir hier nicht auf der Südhalbkugel unseres schönen Planeten, sollte hier Anfang November nicht der Sommer beginnen? Der Empfang könnte jedenfalls dennoch kaum wärmer sein. Ein Beamter an der Passkontrolle begrüßt uns mit jener offenen Freundlichkeit, die uns in Neuseeland seitdem überall begegnet. Kurzer Blick in die Pässe, ein paar lässige Fragen zu unserem Aufenthalt und die Vergewisserung, dass wir ein Rückflugticket besitzen - dann noch ein Lächeln, ein Gruß, schon folgt der nächste Wow-Moment. Als wir rucksackbepackt die Wartehalle betreten, finden wir uns in keinem muffigen Raum wieder wie sonst so oft in Flughäfen. Stattdessen scheinen wir wie durch einen weiten, offenen Raum zu schweben.
Das einzige Schloss von Neuseeland: Castle Larnach bei Dunedin. Sehr besuchenswert! |
Ganz normale Abenddämmerung in Neuseeland. |
Eine riesige Glasfront von bestimmt fünfzig Meter Breite und zehn Meter Höhe läd zum Blick nach draußen ein - und was ich sehe, lässt mich staunen. Ich sehe ein Flugzeug an der Gangway geparkt, dahinter ein gewaltiges Panorama aus herrlichen Bergen und grünen Flächen. Ist das Wirklichkeit oder doch nur eine Fototapete? Ich neige meinen Kopf unwillkürlich ein bisschen nach links und rechts, um mich von der Echtheit dieses Anblicks zu überzeugen. Neuseeland ist ja bekannt für seine atemberaubenden Landschaften. Aber dass einen die Natur schon am Flughafen mit Eindrücken erschlägt, das hätte ich nicht erwartet.
Der Lake Wakatipu bei Queenstown. Wie der See vom Gipfel im Bildhintergrund aus aussieht? Klick für Video! |
Was soll ich sagen. Doreen und ich, wir kommen halt ziemlich planlos in Queenstown an. Teils hatten wir zuletzt in Asien wenig Lust auf vorbereitende Erkundigungen und Reservierungen. Wir wollen unsere Zeit in Neuseeland aber eben auch spontan gestalten. Wir möchten uns vor Ort ein Bild von den Dingen machen, mit anderen Reisenden reden und uns von ihren Erlebnissen inspirieren lassen. Und so haben wir bei unserer Ankunft nur eine sehr vage Vorstellung davon, an welchen Orten wir die nächsten Wochen verbringen und wie wir die Wege dazwischen zurücklegen würden; und mit welchen Kosten wir würden rechnen müssen. Nach einigen Tagen hier bereue ich unseren Entschluss kein bisschen. Es gibt wohl kein Land, wo spontanes Reisen so einfach ist wie in Neuseeland. Wir kriegen bereits am Flughafen ein katalogdickes Unterbringungs-Büchlein zugesteckt; stolpern in jedem Hostel über Dutzende Flyer featuring regionale Attraktionen; und finden in jedem Ort mindestens ein "i-Site", also eine unabhängige Touristen-Agentur mit netten und offenbar gut geschulten Leuten. Bisher haben wir jedenfalls noch auf jede Frage eine hilfreiche Antwort bekommen. Nur einen Rat müssen selbst diese Neuseeland-Kenner schuldig bleiben. Nämlich, wie man den horrenden Preisen aus dem Weg geht. Übernachtungen sind teurer als in USA, Essen ist so teuer wie in Paris. Ein Tag lang ein Mountainbike leihen? Gerne, kostet aber halt 30 Euro. Neuseeland sprengt Budgets.
Doreen am südlichsten Punkt der Südinsel von Neuseeland. |
Es ist ein Irrglaube, dass sich Linkshänder wie ich mit dem Linksverkehr leichter tun. |
Und so entscheiden wir uns zügig für unsere Lieblings-Reisevariante. Weil Bus und Flugzeug absurd teuer sind, wir ohnehin flexibel bleiben und abgelegenere Ziele ansteuern wollen, mieten wir uns ein Auto. Die Vermieter hier bieten ältere Vehikel zu günstigen Konditionen an. Ergo schaukeln wir uns und unser Gepäck mit einem rostigen Nissan Sunny durch die Gegend. Hat 130.000 Kilometer auf dem Buckel, fährt sich geschmeidig und hat einen unbestreitbaren Vorteil: sollte ich aufgrund des ungewohnten Linksverkehrs irgendwann karambolagen, rechne ich mir gute Chancen aus, dass der Vermieter den Kratzer auf dem verschrammten Lack nicht bemerkt.
Wir cruisen so dahin, auf einmal kreuzt bei Kingston diese alte Dampflok unsere Wege... |
Nach zwei bis drei unfallfreien Tagen habe ich mich halbwegs mit dem Linksverkehr und einigen kuriose Verkehrsregeln arrangiert. Inzwischen kommt´s sogar nur noch selten vor, dass ich Blinker und Scheibenwischer verwechsle. Wer ahnt denn, dass sogar diese Schalter auf der "verkehrten" Seite angebracht sind? Wir beginnen das Cruisen zu genießen. Autofahren in Neuseeland ist einfach toll, ein Traum, kein Vergleich mit Deutschland. Straßen in Neuzustand. Kaum eine Ortschaft. Du rollst einfach nur dahin, und versinkst in der Aussicht. Die Südinsel von Neuseeland ist das Eiland der Einsamen. Auf einer Fläche von 150.000 Quadratkilometern - das entspricht etwas der Größe von Bayern, Niedersachsen und Baden-Würtemberg zusammen - leben insgesamt weniger Menschen als in München.
Wir wollen nur kurz zwecks Pinkelpause halten, und was finden wir? Dieses Panorama! |
Die eine Million Leute verteilen sich ins Nichts. Es ist einfach leer hier. Wunderschön. Und abwechslungsreich. In einen Moment bewundern wir ein atemberaubendes Gebirge am Horizont; im nächsten Augenblick kuriose Büsche am Straßenrand; kurz darauf ewig weite Flächen aus sattgrünem Gras an den Ufern eines kristallkaren Gebirgssees.
Nach einigen Tagen in Queenstown reisen wir weiter, wechseln öfter mal die Richtung. Erstmal weiter ans Meer, Pinguine suchen und das Küstenpanorama bewundern. Eine Tagesetappe führt uns durch die "Catlins", ein wundervolles Gebiet südlich der Stadt Dunedin, direkt am Pazifik gelegen. Binnen eines Tages sammeln wir soviele Bilder und Eindrücke, das ein Postkarten-Verlag daraus mindestens 20 neue Motive auflegen könnte. Riesige Schafherden. Schroff abfallende Steilküsten. Dramatisch sich auftürmende Wolkenformationen. Vom Wind gepeitschte Bäume, die aussehen wie von einem anderen Planeten.
Motiv aus den "Catlins". Durch den stetigen Wind sehen Wälder aus wie skurrile Skulpturen. |
Riesige Flächen ohne Zeichen ohne Häuser, Stromleitungen oder irgendwelchen anderen Zeichen von Zivilisation. Die großartige Natur, aber auch die einleuchtende Beschilderung und die vielen einladenden Gratis-Karten motivieren Doreen und mich zum Wandern. Einmal laufen wir vier Stunden lang durch ein Flußtal, ohne dass wir einer einzigen Menschenseele begegnen oder etwas anderes hören als das Knirschen unserer Schritte, das Rascheln der Blätter, das zwitschern der Vögel und das Schlagen der Bäume, wenn die Äste im Wind einander berühren.
Fast am besten gefällt mir, was ich nicht höre. Nämlich kläffende Hunde. Die haben uns in Asien und vor allem Südamerika etliche Male geschockt. Hier können wir uns tatsächlich auf eine Wiese legen, die Augen schließen und müssen uns keine Sorgen machen, dass sich irgendein Rudel hungriger Köter von der Brotzeit im Rucksack angelockt fühlt.
Eher schon würden die Bananen von ein paar Hasen oder Oppossums angenagt. Ein Hiesiger erzählt mir, dass die Tiere für ihn eine Pest darstellen, weil sie seinen ganzen Garten umgraben. Sie können sich hier mangels Fressfeinden ungestört vermehren. Wenn schießwütige Touristen deshalb eine Hasenjagd buchen, was sie tun können, dann sei ihm das mehr als willkommen. Ich mag diesen rauen Charme. Neuseeland gefällt mir. Und zwar richtig gut.
Richard
es ist gut, dass ihr die letzten Tage eures Weltenbummels in diesem schönen Land am anderen Ende unserer Welt noch auskosten könnt. Genießt es und wir freuen uns mit euch
AntwortenLöschenKia ora!
AntwortenLöschenMensch ist das schön! Eure Bilder holen ganz viele Erinnerungen hoch - wunderbar. Aber offensichtlich hat sich das Preisgefüge in den letzten Jahren ungünstig entwickelt. Wünsche Euch trotzdem eine wundervolle Zeit bei den Kiwis.
Ach ja, ich nehme an, dass Ihr die obige Begüßung schon kennt...
Ganz liebe Grüße ans andere Ende der Welt
Kerstin
geniesst die letzten paar Wochen die ihr hier noch habt. Auch wenn es wahrscheinlich etwas kostspieliger werden könnte. Das Video war wieder aller erste Sahne. Die Wanderwege würden mir im übrigen auch sehr gut gefallen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Jutta
Wow, da kann man schon wieder nur neidisch auf euch sein. Ist einfach ein wunderschönes Land und alleine für die Möglichkeit, da unten mal mit der Kamera durch die Gegend zu laufen, würde ich einiges geben.
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